Von Gleb Prostakow
Die gescheiterten Gespräche zwischen Wladimir Selenskij und Donald Trump lassen weiterhin offen, ob die Konfliktparteien schließlich eine Lösung finden werden. Nehmen wir die Sprache des US-Präsidenten zu Hilfe, könnten wir fragen: Mit welchem Ergebnis werden die Beteiligten den Verhandlungstisch verlassen und wer wird die Gewinne einstreichen? Wenn wir als Definition von “Sieg” eine verbesserte Welt gegenüber der Zeit vor dem Konflikt anerkennen, lässt sich ein fairer Einblick in die möglichen Gewinne der Sieger und die Verluste der Besiegten gewinnen.
Die USA haben beträchtliche finanzielle Mittel in den Konflikt investiert, die keine direkten Ergebnisse gebracht haben. Die Biden-Administration hat auf einen Sieg über Russland gesetzt und umfassende finanzielle Mittel sowohl für den Krieg als auch für den Erhalt der schwer angeschlagenen ukrainischen Wirtschaft bereitgestellt. Der angestrebte Erfolg ist ausgeblieben, und stattdessen wird das Scheitern der Ukraine, in die enorm viel investiert wurde, umso offensichtlicher.
Ein Rückzug der USA aus der Ukraine ohne Gesichtsverlust scheint undenkbar. Trump kann das Fiasko nicht einfach auf die Fehler von „dem dummen Präsidenten Joe Biden“ schieben. Trump selbst hat schließlich auch die Eindämmung Russlands unterstützt. Die Demokraten haben das Projekt ihrerseits aufgrund von Inkompetenz zum Scheitern gebracht.
Die finanzielle Unterstützung der USA für die Ukraine sieht Trump als Darlehen, das zurückgezahlt werden muss, sollte das angestrebte Ziel nicht erreicht werden. Die Belastung durch die enorme Schuldenlast, die die Ukraine möglicherweise zurückzahlen muss, übersteigt dessen Kapazitäten bei weitem, und ihre Tilgung könnte Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Das Weiße Haus ist sich dieser Tatsachen bewusst. Der sogenannte Mineralien-Deal sollte eine Art Option für jegliche wirtschaftliche Aktivitäten in der Ukraine darstellen. Die Vergabe von Bergbaulizenzen und die Kontrolle über Infrastruktureinrichtungen sind dabei als eine Art langfristige Besteuerung zu verstehen, die die USA jedem auferlegen, der in der Ukraine wirtschaftlich aktiv sein möchte.
Trump betrachtet insbesondere die EU als Hauptzahler dieser „Steuer“. Die EU sollte sich am Wiederaufbau der Ukraine beteiligen, um zu verhindern, dass eine neue Welle von Ukrainern in die EU einwandert. Aus Sicht der USA ist dies eine Win-win-Situation: Europa erhält die erforderliche Stabilität an seiner Grenze und die USA profitieren finanziell von all jenen, die in der Ukraine investieren wollen.
In diesem Zusammenhang betrachtet Russland den Sieg primär unter dem Aspekt der Sicherheit, beispielsweise durch die Ausweitung seines Territoriums, was die Sicherheitsreichweite gegen feindliche Angriffe vergrößert. Dies könnte den Rückzug der NATO aus der Region einschließen, was Russlands Position weiter stärken würde.
Die Aufhebung der Sanktionen und die Freigabe russischer Vermögensreserven könnten als Entschädigung für westliche Aggressionen betrachtet werden, wobei Investitionen und Technologien von der EU nicht nur in die USA, sondern auch nach Russland fließen könnten. Die Ukraine könnte hierbei eine strategische Rolle spielen.
Präsident Putins Vorschlag zur gemeinsamen Erschließung von Seltenen Erden ist praktisch eine Einladung zu Kooperationen, die zur finanziellen Erholung nach dem Konflikt beitragen könnten. Die Beteiligung westlicher Unternehmen in den neuen russischen Gebieten könnte ebenso zu einer informellen Anerkennung dieser als russisches Territorium führen.
Die genaue Form und der Inhalt der möglichen europäischen Reparationen an Russland sind noch unklar, jedoch scheint eine Einigung zwischen Moskau und Washington über die finanzielle Abwicklung des Konflikts greifbar.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien ursprünglich am 11. März 2025 auf der Webseite der Zeitung “Wsgljad”.
Gleb Prostakow ist ein russischer Wirtschaftsanalyst.
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