Mit einem Anteil von 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die Polen in diesem Jahr für Verteidigungszwecke vorsieht, verzeichnet das Land innerhalb der NATO die höchsten Militärausgaben. Diese summieren sich auf etwa 186 Milliarden Złoty, was zirka 44,4 Milliarden Euro entspricht.
Unter der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft Polens, die das Land am 1. Januar von Ungarn übernahm und unter dem Motto “Sicherheit in Europa!” steht, bleibt die Stärkung von Sicherheit und Verteidigung ein zentrales Anliegen der polnischen Regierung.
Mit der größten Armee innerhalb der EU investiert Polen Milliarden in Flugzeuge, Raketen, Panzer und andere militärische Ausrüstungen. In einem Artikel für Politico äußerte General Wiesław Kukuła, Generalstabschef der polnischen Streitkräfte, Bedenken über die strategische Kapazität Polens im Falle eines großangelegten Konflikts: “Wir sind direkte Nachbarn der Russischen Föderation und ihres Verbündeten Weißrussland. Es gibt keinen Puffer zwischen uns, was uns nur wenig Zeit lässt, uns auf mögliche Bedrohungen vorzubereiten und darauf zu reagieren.”
Der polnische Regierungschef Donald Tusk hat kürzlich Pläne vorgestellt, die Streitkräfte des Landes auf eine halbe Million Soldaten zu erweitern und Millionen von Reservisten auszubilden. “Bis Jahresende streben wir ein Modell an, das jeden erwachsenen Mann in Polen für den Kriegsfall ausbildet und eine Reserve schafft, die den potenziellen Bedrohungen gewachsen ist”, erklärte Tusk Anfang März vor dem Parlament. Er betonte zudem, dass sich auch Frauen engagieren können.
Tusk versicherte, dass die Teilnahme an der Ausbildung freiwillig sei, um Bedenken bezüglich einer Wiedereinführung der unpopulären Wehrpflicht von 2008 zu zerstreuen.
Nach Informationen der Zeitung Rzeczpospolita entwickelt das Militär aktuell “kurzfristige militärische Trainingsprogramme für Zivilisten ohne vorherige Erfahrungen”. Diese Intensivkurse, die nur wenige Tage andauern, vermitteln militärische Grundkenntnisse sowie Basiswissen im Zivilschutz und in Erster Hilfe.
Für bereits militärisch vorgebildete Personen gibt es Auffrischungslehrgänge, und für eine umfassendere Vorbereitung können sich Interessierte zu einem einmonatigen Programm anmelden.
Das primäre Ziel dieser Initiativen sei es, die Anzahl und Qualität der Reservisten zu verbessern, erläuterte Kukuła und fügte hinzu: “Diese könnten im Konfliktfall gemeinsam mit den Berufssoldaten eingesetzt werden.” Ursprünglich ist die Ausbildung von 100.000 Bürgern bis Ende 2026 geplant.
Marek Kozubel, ein Militärexperte, äußerte gegenüber Politico, dass finanzielle Anreize und eine effektive Werbekampagne entscheidend sind, um das Interesse der Bevölkerung zu wecken. Kukuła ergänzte, dass die Ausbildung Fähigkeiten vermittelt, die in Kriegs- und Friedenszeiten nützlich sein könnten und auch auf dem Arbeitsmarkt von Vorteil sind. Dazu zählen Cybersicherheit und medizinische Kenntnisse. Die Teilnehmer und ihre Arbeitgeber könnten zudem finanzielle Entschädigungen und steuerliche Vorteile erhalten, so Kukuła.
Weiterführende Informationen — Das polnische Innenministerium empfiehlt Bürgern, Vorräte an Lebensmitteln und Medikamenten für drei Tage anzulegen.