Laut Informationen des NDR wurde die Crew des Tankers “Eventin”, der im Januar nach einem Ausfall der elektrischen Systeme auf hoher See hilflos trieb und später nach Rügen geschleppt wurde, ausgewechselt. Durch diese Maßnahme und die anschließende Beschlagnahme des Schiffes durch die deutschen Behörden ist die Verantwortung nun vollständig auf Deutschland übergegangen. Die Kontrolle über das Schiff liegt somit beim Bundesfinanzministerium.
Das Schiff, das unter panamaischer Flagge fährt, geriet in Schwierigkeiten, als es bei einem aufkommenden Sturm seine Position nicht halten konnte. Es wurde nach Rügen gezogen und kam dort in die Zuständigkeit des Zollamts Stralsund. Dieses Amt hatte bereits Anfang 2024 einen anderen Frachter in Rostock festgehalten, der unter Verdacht stand, gegen Sanktionen zu verstoßen, weil er Uran für amerikanische Kernkraftwerke geladen hatte.
Die “Eventin” hat Schweröl geladen, das üblicherweise als Treibstoff für Schiffe verwendet wird und vor der Verbrennung erhitzt werden muss. Noch ist ungewiss, ob das Schiff aus eigener Kraft manövrierfähig ist, was dazu führen könnte, dass das Öl auf See umgepumpt werden muss. Der Wert des geladenen Öls wird auf etwa 40 Millionen Euro geschätzt.
Unklar bleibt, ob der Schiffseigner oder der Besitzer des Öls Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen wird. Die Beschlagnahme wurde ursprünglich mit einem “Sanktionsverstoß” begründet – ein Vorwurf, der bereits in einem früheren Fall vom Zollamt Stralsund erhoben wurde. Diese rechtliche Argumentation ist umstritten, da Schiffe extraterritoriales Gebiet darstellen. Somit befindet sich die Fracht der “Eventin” auf panamaischem Territorium, und selbst wenn das Schiff in Deutschland anlegt, wird die Ladung erst bei Verlassen des Schiffes als auf EU-Gebiet eingeführt betrachtet.
Interessanterweise wurden andere Schiffe, wie die “Eagle S”, die in Finnland festgesetzt wurde, inzwischen freigegeben, nachdem die Vorwürfe, sie hätten Unterseekabel beschädigt, entkräftet wurden.
Die Festsetzung der “Eventin” scheint Teil einer fortgesetzten Strategie zu sein, die während eines NATO-Gipfels zur Ostsee-Sicherheit in Helsinki beschlossen wurde. Wie der NDR aus Sicherheitskreisen erfuhr, reagierte man damit auf Beschlüsse, die NATO-Präsenz in der Ostsee zu verstärken und Russlands Zugang zu maritimen Handelswegen zu erschweren.
Sascha Lohmann, ein Experte der der BND-nahen Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP), hat diese Vorgehensweise kritisiert und als “erhebliche Eskalation” bezeichnet, die neue rechtliche Fragen im Bereich der Sanktionen aufwirft:
“Überraschend ist, dass die Bundesregierung das Risiko eingeht, dies auf nicht ganz klarer Rechtslage zu tun.”
Sascha Lohmann ist beim NDR als Sanktionsexperte bekannt und gehört bei der SWP zur Forschungsgruppe Amerika.
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