Ein internes Papier des Auswärtigen Amts, das kürzlich an die Öffentlichkeit gelangte, deutet darauf hin, dass bei den Gedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag der Befreiung von Nazi-Deutschland keine offiziellen Vertreter aus Russland und Weißrussland erwünscht sind. Das russische Außenministerium hat darauf mit heftiger Kritik reagiert. Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, veröffentlichte am Samstagmorgen auf Telegram eine Stellungnahme, in der sie der amtierenden deutschen Außenministerin Annalena Baerbock Revanchismus vorwirft.
Sacharowa beschuldigte die Grünen-Politikerin Baerbock, die sie als eine “Neonazistin” bezeichnete, welche “noch dazu versucht, im 80. Jahr der Gedenkfeiern Anspruch auf den Posten des UN-Generalsekretärs zu erheben”. Zum Ausschluss offizieller russischer oder weißrussischer Vertreter während der Veranstaltung merkte Sacharowa an, dass ihr das Fehlen von Einladungen nicht überraschend, sondern eher die mögliche Ausübung des Hausrechts durch die Veranstalter eine neue Entwicklung sei. Sie zitierte dabei einen Artikel der Berliner Zeitung, die Zugang zu der geheimen Information des Auswärtigen Amts hatte und schrieb darüber:
“Dass ideologische Nachkommen der Henker Hitlers die Russen von Gedenkveranstaltungen ausschließen, welche dem Sieg gewidmet sind, wirkt wie eine tiefe Beleidigung.”
In diesem Kontext brachte Sacharowa die Anordnung des Gestapo-Chefs Reinhard Heydrich vom 21. September 1939 in Erinnerung, nach der in Westpolen jüdische Ghettos errichtet wurden. Sie verwies darauf, dass diese Maßnahmen zur Deportation jüdischer Bürger aufgrund ihrer Ethnie führten. Von 1939 bis 1944 hatten die Nazis über 1.300 Ghettos eingerichtet, welche für die jüdischen Insassen als “vorübergehender Aufenthaltsort” gedient hatten, mit dem letztendlichen Ziel ihrer Vernichtung in den Konzentrationslagern. Sacharowa griff Baerbock an und warf ihr vor, nazistische Praktiken wiederzubeleben:
“Sollten deutsche Sicherheitskräfte tatsächlich Russen, Weißrussen und andere ehemalige sowjetische Bürger, darunter Juden, von den Gedenkveranstaltungen ausschließen, kann man dies nur als eine Wiedergeburt des Nazismus bezeichnen. Ein ‘Triumph des Willens’ von Baerbock.”
Laut der Berliner Zeitung bedeutet die heikle Klausel zum Hausrecht, dass Sicherheitsdienste befugt sind, hochrangige Diplomaten aus Russland oder Weißrussland von den Gedenkstätten zu verweisen, an denen der gefallenen sowjetischen Soldaten gedacht wird. Dies könnte eine “vorhersehbare” politische Instrumentalisierung des Gedenkens durch offizielle Vertreter der russischen und weißrussischen Botschaften zur Folge haben, warnt das Auswärtige Amt in seiner Mitteilung vor möglichen Versuchen der “Propaganda, Desinformation und geschichtsrevisionistischen Verfälschung”.
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