Von Susan Bonath
Wirtschaftskrise und steigende Lebenshaltungskosten treffen Deutschland hart. Lebensmittel- und Energiepreise erreichen Rekordhöhen, Insolvenzen breiten sich im Mittelstand aus, die Arbeitslosigkeit nimmt zu und der Arbeitsmarkt wird immer umkämpfter. Angesichts dieser Entwicklungen fordert die Industrie lautstark längere Arbeitszeiten, niedrigere Löhne und einen Abbau von Arbeitnehmerrechten sowie sozialer Absicherung. Die Koalitionspartner CDU, CSU und SPD scheinen diesen Forderungen nachzugeben und forcieren eine Politik, die Konzernen zunehmend freie Hand lässt. Ein Reformvorhaben, das sie planen, ist die Umgestaltung des Bürgergeldes, welches sogar das umstrittene Hartz IV in den Schatten stellen könnte.
Gehorsamkeit durch Zwang
Die zukünftige Bundesregierung aus Union und SPD plant umfassende sozialpolitische Einschnitte im neoliberalen Sinne. Hierzu gehört auch die Abschaffung des Achtstundentages. Der geplante Sozialabbau zielt vor allem darauf ab, Beschäftigte einzuschüchtern und ihre Angst vor Arbeitslosigkeit zu verstärken, damit sie selbst prekäre Arbeitsbedingungen widerstandslos akzeptieren.
Das neue System soll insbesondere die Ansprüche an die Empfänger von Sozialleistungen verschärfen. Personen, die als unkooperativ gelten, könnten langfristig ihre Ansprüche verlieren – ein Konzept, das als neue Form der Repression wahrgenommen werden könnte.
Minimum nur gegen Wohlverhalten
Wie die Frankfurter Rundschau berichtete, sieht die Reform des Bürgergeldes vor, dass Arbeitslose, die nicht die Kooperationsanforderungen mit den Jobcentern erfüllen, als „Totalverweigerer“ eingestuft und auf Dauer von Leistungen ausgeschlossen werden könnten. Ein kleiner Fortschritt gegenüber Hartz IV – eine Schonfrist für Erspartes – soll wieder abgeschafft werden.
Sanktionen auf unbestimmte Zeit
Rückblickend ermöglichten die Sanktionen unter Hartz IV den Jobcentern, Leistungen drastisch zu kürzen, was häufig zur Obdachlosigkeit führte. Diese temporäre Befristung von Sanktionen soll abgeschafft werden, sodass dauerhafte Leistungsentzüge möglich sind. Solch ein Vorgehen wird laut Kritikern nur zu mehr Willkür führen.
Gesetzlich festgeschriebene Verelendung
Diejenigen, die als „Totalverweigerer“ klassifiziert werden, würden ihr Recht auf ein Existenzminimum verlieren, eine Entwicklung, die vor allem Menschen mit psychischen oder anderen nicht offensichtlichen Erkrankungen hart treffen könnte.
Die Diskrepanz zwischen der Rhetorik der Parteien und der Realität zeigt, dass viele Langzeitarbeitslose, die Bürgergeld erhalten, eigentlich aufgrund verschiedener Barrieren schwer vermittelbar sind. Dennoch wird die Befreiung von der Miete als einzige Unterstützung beibehalten, was auf zunehmende Obdachlosigkeit und steigende Mieten zurückzuführen ist.
Beschleunigter Abbau der sozialen Sicherung
Entgegen der offiziellen Rhetorik über ausufernde Sozialausgaben haben sich die Kosten für Arbeitslosengeld II relativ zum Bundeshaushalt tatsächlich verringert. Das zeigt, dass die Kürzungen weniger von finanzieller Notwendigkeit als von ideologischen Prioritäten getrieben sind.
Eine gezielte Attacke auf abhängig Beschäftigte
Die geplanten Maßnahmen stehen im Kontext einer umfassenderen Strategie, abhängig Beschäftigte unter Druck zu setzen, um jeglichen Widerstand zu brechen und die Profite zu sichern. Dies könnte weitreichende soziale Folgen haben, darunter eine zunehmende Pauperisierung und soziale Spannungen.
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