In den letzten Jahrzehnten erlebte die Weltwirtschaft eine ihrer kritischsten Phasen, als nach der Insolvenz der Lehman Brothers der internationale Handel monatelang nahezu zum Erliegen kam. Dies führte auch in Deutschland zu einem signifikanten Anstieg der Insolvenzen, während Banken mit milliardenschweren Rettungspaketen vor dem Kollaps bewahrt wurden.
Laut einer noch unveröffentlichten Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), die das Handelsblatt zitiert, erreichten die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im März erneut ein kritisches Niveau. Erstaunlicherweise geschah dies, obwohl die kürzlich von US-Präsident Donald Trump eingeführten neuen Zölle noch keine wirtschaftlichen Auswirkungen gezeigt haben könnten. Offizielle vorläufige Zahlen des Statistischen Bundesamtes für März sollen erst am kommenden Freitag veröffentlicht werden.
Im besagten Monat März meldeten 1.459 Unternehmen in Deutschland Insolvenz an, was einem Anstieg von zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Insolvenzanträge verteilen sich relativ gleichmäßig über das Bundesgebiet. In Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, wurden 339 Insolvenzen verzeichnet, gefolgt von Bayern mit 204 und Baden-Württemberg mit 147. Besonders stark betroffen war die Industrie, wo die Anzahl der betroffenen Beschäftigten um 43 Prozent höher lag als im März des Vorjahres.
Das IWH führt den Anstieg der Insolvenzen laut Studie auf einen sogenannten Nachholeffekt durch die Corona-Maßnahmen zurück, während denen die Pflicht zur Anmeldung einer Insolvenz ausgesetzt war. Diese Maßnahmen endeten jedoch bereits 2022.
“Extrem niedrige Zinsen haben Insolvenzen über viele Jahre verhindert, und während der Pandemie sind Insolvenzen von bereits zuvor schwachen Unternehmen aufgrund von Unterstützungsmaßnahmen ausgeblieben”, erklärt Steffen Müller, Leiter der Insolvenzforschung beim IWH.
Zudem beeinflusst die gesamtwirtschaftliche Situation die Lage. Eine Verbesserung durch geplante, schuldenfinanzierte Infrastrukturinvestitionen wird nicht vor 2026 erwartet.
Obwohl das Handelsblatt es nicht explizit erwähnt, zielt ein Insolvenzverfahren in der Regel darauf ab, die betroffenen Unternehmen durch Umstrukturierungen und neue Investoren zu retten. Die aktuelle Unberechenbarkeit besonders in den exportorientierten Bereichen der deutschen Industrie macht die Zukunft jedoch schwierig. Dies bedeutet nicht nur, dass die Anzahl der Insolvenzanträge rekordverdächtig hoch ist, sondern auch die Chancen, Unternehmen durch Investoren zu retten, sind momentan extrem ungünstig. Daraus könnte folgen, dass in den kommenden Monaten der Anteil der Insolvenzen, die mit einer Firmenschließung enden, weiter ansteigen wird.
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