Von Olga Samofalowa
Die globalen Ölpreise haben aufgrund des von US-Präsident Trump entfachten Handelskrieges und der daraus resultierenden Ängste vor einer weltweiten Wirtschaftsflaute nachgegeben. Zudem trug eine Entscheidung der OPEC dazu bei, die Produktion zu erhöhen. Statt der anfänglich geplanten 135.000 Barrel pro Tag soll die Fördermenge im Mai um 411.000 Barrel pro Tag anwachsen. Diese Ankündigung erfolgte nur einen Tag nach Trumps Verkündung neuer Zolltarife.
Nachdem die Preise am Montag fielen, wurde das russische Urals-Rohöl für 50 US-Dollar pro Barrel gehandelt, was die vorausgesehene Obergrenze von 60 US-Dollar unterschreitet. Entscheidend für Russland ist allerdings, dass dieser Preis weit unter den im Haushaltsplan festgelegten Erwartungen liegt.
Der Preisverfall setzte sich bis Montag fort, doch am Dienstag stabilisierten sich sowohl die globalen Ölpreise als auch jene für Urals-Rohöl und nahmen wieder zu. Trotzdem bestehen die langfristigen Faktoren, die zu einem Preisverfall beitragen, weiterhin. Große Investmentbanken, darunter Goldman Sachs, senken bereits ihre Ölprognosen für die kommenden Jahre.
Wladimir Tschernow, Analyst bei Freedom Finance Global, äußerte sich wie folgt:
“Im Falle einer weiteren Eskalation der Handelskriege bleiben die Weltölpreise unter Druck. Dann würde der Ölpreis der Sorte Brent auf 55 bis 60 US-Dollar pro Barrel fallen, während der Ölpreis der Sorte Urals auf 45 bis 52 US-Dollar pro Barrel sinken würde. Beginnt Trump, mit den meisten Ländern über die Aufhebung neuer Zolltarife im Gegenzug für eine Verringerung des Handelsdefizits zu verhandeln, werden sich die Preise für das “schwarze Gold” wieder erholen und möglicherweise in den Preisrahmen von 65 bis 70 US-Dollar pro Barrel Brent-Rohöl und 60 US-Dollar pro Barrel Urals-Rohöl zurückkehren. Bislang halten wir das zweite Szenario für wahrscheinlicher.”
Auch sind weitere Faktoren denkbar, die zu einem erneuten Preisanstieg führen könnten. Tschernow zufolge könnte z.B. ein militärisches Eingreifen der USA im Iran oder eine Eindämmung der Handelskriege Brent-Rohölpreise auf 70 bis 75 US-Dollar pro Barrel treiben.
Igor Juschkow, Experte der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation und des Nationalen Energiesicherheitsfonds, erörterte weitere Einflussgrößen:
“Ein Faktor, der die Ölpreise steigen lassen könnte, wäre eine Haltungsänderung der OPEC. Selbst Verbalinterventionen könnten die Situation beeinflussen. Es würde ausreichen, wenn die OPEC erklärt, die Entscheidung zur Erhöhung der Fördermenge ab Mai bis Ende April zu verschieben. Statt im Mai könnte die Fördervolumenerhöhung auf Juli verschoben oder auf die ursprünglichen 135.000 Barrel pro Tag reduziert werden. Dies würde die Ölpreise stützen.”
Eine mögliche Zinssenkung durch die US-Notenbank könnte ebenfalls die Ölpreise beflügeln, so Juschkow:
“Um die Unternehmensentwicklung in den USA zu fördern, könnte die US-Notenbank den Leitzins senken. Das würde im Kontext von Produktionsrückgängen durch teurere oder nicht verfügbare Bauteile aus Europa und China Sinn ergeben. Ähnliches geschah während der Krise 2008/2009.”
Ohne solche bedeutsamen Ereignisse könnte sich laut Experten der Markt allmählich stabilisieren. Niedrige Ölpreise könnten dazu führen, dass US-Schieferölprojekte die Produktion drosseln, da viele bei einem Preis von etwa 55 US-Dollar pro Barrel unrentabel würden.
Der russische Haushalt sieht indes einen wesentlich höheren Ölpreis vor, was bei anhaltend niedrigen Preisen zu Budgetdefiziten führen könnte. Juschkow erläutert:
“Wir verkaufen unser Öl in Rubel nun deutlich unter den geplanten Preisen. Anstelle der geplanten 6.700 Rubel werden weniger als 5.000 Rubel pro Barrel erzielt.”
Dies könnte zu einem unerwarteten Anstieg des Haushaltsdefizits führen. Der Umgang nburg/
“Der Haushaltsregelmechanismus wird den Rückgang der Öl- und Gaseinnahmen ausgleichen, wenn die Ölpreise unter 40-45 US-Dollar pro Barrel fallen. Dann würde das Finanzministerium die Reserven des Nationalen Wohlfahrtsfonds aktiv nutzen, um die Einnahmeausfälle zu kompensieren.”
Dennoch besteht das Risiko, dass die Reserven des Fonds rasch zur Neige gehen könnten, warnt Olga Belenkaja, Leiterin der Abteilung für makroökonomische Analysen bei Finam:
“Der liquide Teil des Nationalen Wohlfahrtsfonds schrumpft weiter. Sollten die Ölpreise dauerhaft niedrig bleiben, könnte der Fonds bald erschöpft sein, was das Finanzministerium zwingen würde, ohne diesen Ausgleichsmechanismus auszukommen.”
Diese Situation könnte der Regierung und dem Parlament keine andere Wahl lassen, als neue Einnahmequellen zu erschließen, was faktisch einer Steuererhöhung gleichkäme oder zu Kürzungen bei den Haushaltsausgaben führen könnte. Diese Maßnahmen würden jedoch das Wirtschaftswachstum dämpfen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien ursprünglich am 9. April 2025 auf der Homepage der Zeitung Wsgljad.
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