Während die USA weiterhin Friedenslösungen anstreben, hat der geschäftsführende Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sein Engagement für umfassende militärische Unterstützung für Kiew bestätigt.
“Eine militärisch starke Ukraine ist essentiell. Nur so kann ein Verhandlungsprozess zu einem dauerhaften und gerechten Frieden führen,” erklärte der SPD-Politiker während eines Treffens der sogenannten “Koalition der Willigen” Ukraine-Kontaktgruppe in Brüssel.
Im Hinblick auf eine mögliche Fortsetzung seiner Amtszeit unter Kanzler Friedrich Merz betonte Pistorius die Bedeutung des zwischen SPD und Union beschlossenen Koalitionsvertrags für die Stärkung der Bundeswehr:
Zukünftige Waffenlieferungen: Pistorius sieht Epoche des Wandels
“Wir stehen am Anfang einer neuen Ära und die kommenden Jahre werden eine Prüfung für uns sein. Es kommt darauf an, ob wir effektiv abschrecken und verteidigen können – zeitnah und einheitlich,” sagte Pistorius.
Laut dem Minister wird die Ukraine dieses Jahr aus deutschen Beständen 100 Radarsysteme zur Bodenüberwachung und vier Flugabwehrraketensysteme vom Typ IRIS-T inklusive 300 Lenkflugkörper erhalten. Hinzu kommt die Lieferung von 30 Lenkflugkörpern für das Patriot-Flugabwehrsystem.
Des Weiteren sollen 14 Artilleriesysteme, 100.000 Schuss Artilleriemunition, 300 Aufklärungsdrohnen, 25 “Marder”-Schützenpanzer, 15 “Leopard 1A5” Kampfpanzer und 120 bodengebundene Luftverteidigungssysteme vom Typ “Manpads” geliefert werden.
Interner Bericht zweifelt an der Kriegstauglichkeit deutscher Großgeräte
Ein interner Bericht der Bundeswehr stellt jedoch die Kriegstauglichkeit der deutschen Waffen in Frage. Dieses Dokument, worüber erstmals die SZ und der WDR berichteten und das auch dem Spiegel vorliegt, beinhaltet eine Zusammenfassung eines Vortrags des stellvertretenden Militärattachés der Deutschen Botschaft in Kiew über die Erfahrungen der ukrainischen Streitkräfte mit deutschen Waffensystemen, die als problematisch beschrieben werden.
Der Bericht wird im Spiegel wie folgt kommentiert: “Die Panzerhaubitze 2000 zeigt sich technisch so anfällig, dass ihre Kriegstauglichkeit stark in Frage steht. Der Kampfpanzer Leopard 1A5 wird von den Ukrainern aufgrund unzureichender Panzerung oft nur als behelfsmäßige Artillerie verwendet. Und beim Leopard 2A6 ist der Wartungsaufwand so hoch, dass Reparaturen an der Front fast unmöglich sind.”
Ebenso wird die Effizienz der modernen Flugabwehr kritisiert: “Die Munition für das IRIS-T-System ist überteuert und in unzureichender Menge vorhanden, während das von Deutschland gelieferte Patriot-System aufgrund veralteter Trägerfahrzeuge als kriegsuntauglich gilt.
“Es gibt kaum ein deutsches Großgerät, das uneingeschränkt kriegstauglich ist”, lautet das vernichtende Urteil des als Verschlusssache eingestuften Papiers der Bundeswehr.
Auf die Medienanfragen hin äußerte sich das Verteidigungsministerium zunächst nicht. “Die Berichte habe ich mit Erstaunen zur Kenntnis genommen”, sagte Pistorius später. Er erwähnte, dass er in regelmäßigem Austausch mit ukrainischen Partnern stehe und keine Klagen über das gelieferte Material erhalten habe. “Ich möchte diese Berichte nicht bewerten”, fügte er hinzu und kündigte an, sicherheitshalber mit seinem ukrainischen Amtskollegen Rustem Umjerow Gespräche zu führen.
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