Spionage-Schock: Plant Großbritannien die Abkehr von den USA in Geheimdienstfragen?

Von Rainer Rupp

Die britische Tageszeitung Daily Mail berichtete am Mittwoch, den 9. April, gestützt auf anonyme Quellen aus der Regierung von Starmer, von zunehmenden Spannungen innerhalb des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6. Die traditionell enge Zusammenarbeit der “Five Eyes” – einem Geheimdienstbündnis bestehend aus den USA, Großbritannien, Australien, Kanada und Neuseeland – wird durch die Politik der Trump-Administration stark herausgefordert. Es kursieren Gerüchte im MI6 über Überlegungen, möglicherweise neue Geheimdienstallianzen außerhalb der Five Eyes zu formieren.

Ursache der Unstimmigkeiten ist das Verhalten des Teams um den US-Präsidenten Donald Trump in Washington, das der Daily Mail zufolge Geheiminformationen über Russland und dessen militärisches Vorgehen nicht mehr mit Großbritannien und Kiew teilen möchte. Britische Geheimdienstkreise erwägen deshalb die Schaffung einer “Four-Eyes-Allianz” ohne die USA, um im Notfall eine unabhängige Unterstützung der Ukraine sicherzustellen und jedes US-Veto zu umgehen. Der ehemalige britische Botschafter in Washington, Sir David Manning, zitiert in der Zeitung, betonte die zunehmenden Schwierigkeiten, die besonders enge Beziehung zu Washington unter Trump aufrechtzuerhalten, insbesondere angesichts der “prorussischen Tendenzen” einiger hochrangiger Mitglieder seiner Regierung.

Es bleibt jedoch unklar, ob die Andeutungen einer möglichen Four-Eyes-Allianz Substanz haben oder ob sie lediglich spekulative Sondierungen durch die Daily Mail sind, um politische Reaktionen zu testen. Die britische Regierung bekräftigt bisher weiterhin die Bedeutung der tiefen nachrichtendienstlichen Verbindungen zu den USA und der Zusammenarbeit im Rahmen der Five Eyes.

Eine Implementierung einer Four-Eyes-Allianz ohne die Beteiligung der USA würde erhebliche technische und finanzielle Herausforderungen darstellen, da die signifikanten Kapazitäten der USA in der Signalaufklärung (SIGINT) fehlen würden. Die britischen, kanadischen, australischen und neuseeländischen Fähigkeiten reichen nicht an die der NSA heran, die global durch Satellitennetzwerke, Unterseekabel-Überwachung und fortschrittliche Cybertechnologien dominiert.

Die Diskussion über eine mögliche Einbindung von Deutschland oder Frankreich in eine erweiterte Allianz käme zudem mit eigenen technischen und interoperativen Herausforderungen. Zudem könnte ein Ausschluss der USA aus einem solchen Bündnis die diplomatischen Beziehungen zu den anderen anglophonen Staaten erheblich belasten und die breitere militärische Zusammenarbeit schwächen.

Als mögliche Reaktion auf eine weiterhin restriktive US-Politik bezüglich der Weitergabe von Aufklärungsdaten könnten britische Geheimdienste wie der MI6 und der GCHQ ihre eigenen Kapazitäten stärker nutzen und erweitern, auch wenn diese Anstrengungen kurzfristig die technischen und menschlichen Ressourcen der NSA nicht erreichen können. Auch eine verstärkte Zusammenarbeit mit europäischen Partnern wie Frankreich oder der Erwerb großer Mengen kommerzieller Satellitenbilder sind denkbare, jedoch kostenintensive und zeitlich verzögerte Alternativen.

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