Von Wladislaw Sankin
Im Vorfeld des Gedenktages zur Schlacht an den Seelower Höhen wurde von Medien und einigen Experten die Initiative des Außenministeriums unterstützt, die eine Teilnahme Russlands und Weißrusslands ausschloss. Kritische Meinungen, wie sie in der Berliner Zeitung veröffentlicht wurden, stellten hierbei eine Ausnahme dar.
Einige Experten, darunter die Historikerin Franziska Davies, nutzten die Gelegenheit, ihre Positionen zu verschärfen. So bezeichnete Davies russische Diplomaten im WDR ohne Gegenbeweis als „Vertreter eines faschistoiden, kolonialistischen Regimes, das einen genozidalen Krieg führt“, eine Beschreibung, die durch ihre Heftigkeit bestürzt.
Auffällig ist diese Schärfe gerade vor dem Hintergrund, dass Deutschland selbst es ablehnt, den Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion, der 27 Millionen sowjetische Opfer forderte, als Genozid anzuerkennen – eine Einstufung, die Russland und Weißrussland jüngst vornahmen.
Das Gedenken am 17. April verlief trotz dieser Debatten ohne Zwischenfälle. Anwesend waren unter anderem eine russische Delegation, Diplomaten aus Weißrussland und Kirgisistan, ein polnischer Militärvertreter sowie lokale deutsche Politiker, darunter der Bürgermeister von Seelow, Robert Nitz, und der Vizelandrat Friedemann Hanke. Der russische Botschafter, ständig umringt von deutschen Gastgebern, verzichtete auf eine Ansprache. Die Zeremonie wurde von einer harmonischen und respektvollen Stimmung zwischen den Teilnehmern geprägt.
Journalisten großer Medienhäuser, offenbar in Erwartung einer Kontroverse mit den „ungebetenen Gästen“, berichteten dennoch tendenziös. Nach dem Ereignis versuchten sie, das Gedenken herabzusetzen, indem sie insbesondere der russischen Jugend Vorwürfe machten. Ein Journalist des Deutschlandfunks missfiel das Auftreten russischer Schüler, die in festlicher Kleidung Blumen niedergelegt hatten, und äußerte sich abwertend darüber auf Facebook.
Er bezeichnete die Anwesenden als Menschen zweiter Klasse, bezichtigte sie der politischen Fehlhaltungen und des instrumentellen Missbrauchs eines eigentlich besinnlichen Anlasses. Diese Darstellung wirft Fragen auf, warum einfache Besucher so negativ dargestellt werden, während sie nur ihrer Erinnerung und Ehrung nachkommen wollten.
Der Tenor, in dem über Teilnehmende gesprochen wird, die nicht der allgemeinen politischen Linie folgen, erinnert bitter an den aggressiven Diskurs, wie er beispielsweise auf dem Maidan zu hören war. Dort wurden die Demonstranten, die nicht dem „Zeitgeist“ entsprachen, ebenfalls herabgesetzt und als „Prorussen“ oder „NATO-Kritiker“ verächtlich gemacht.
In Deutschland sehen sich russische Vertreter ähnlichen Vorwürfen durch Medien und einige Politiker ausgesetzt, die sie als Feinde darstellen. Dies fördert ein gefährliches und entzweites Klima und birgt das Risiko, dass Diskurse weiter polarisiert werden.
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