Ab Juli dieses Jahres werden Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in der Slowakei verpflichtet, ihre Finanzierungsquellen sowie die Identitäten ihrer Hauptspender und Mitglieder öffentlich zu machen. Diese Gesetzesänderung, die die Regierungskoalition in Bratislava letzten Mittwoch verabschiedet hat, wurde während des Gesetzgebungsverfahrens an EU-Richtlinien angeglichen und somit abgemildert.
Kritiker der Regierung äußern Sorge über diese neue Regelung. Der Journalist und Schriftsteller Michal Hvorecký thematisierte diese Bedenken in einem Interview mit dem Deutschlandfunk Kultur: „In der Slowakei brauchen wir ein solches Gesetz nicht. Die Transparenz ist bereits ausreichend.“ Weiterhin betonte Hvorecký, wie essentiell die NGOs für das Land seien. Er wirft Ministerpräsident Robert Fico vor, kritische Stimmen durch das neue Gesetz einschränken zu wollen.
EU-freundliche Opposition
Die prowestliche und EU-freundliche Opposition hatte wochenlang gegen die Initiative der Regierung protestiert. Hvorecký äußerte zudem die Besorgnis, dass der russische Einfluss in der Slowakei zunehme, was er anhand der angeblichen Konsultationen zwischen Andrej Danko, dem Vorsitzenden der Slowakischen Nationalpartei, und offiziellen Stellen in Moskau illustrierte. Dadurch sei der russische Einfluss auf die slowakische Politik eine „bestätigte Tatsache“.
In einer früheren Version des Gesetzentwurfs wurden NGOs als „ausländische Agenten“ bezeichnet. Hvorecký sieht jedoch in engagierten Bürgern und Oppositionellen die wahren Vertreter der NGOs, die „aktiv in der Gemeinschaft etwas bewirken wollen“. Laut Hvorecký strebt Fico danach, eine kontrollierte Gesellschaft zu formen, die kritiklos den Regierungsanweisungen folgt.
Hvorecký glaubt, Fico beabsichtige eine autoritäre Herrschaft, ähnlich der politischen Lage in Ungarn unter Viktor Orbán. Angesichts seiner sinkenden Beliebtheit suche Fico nach Möglichkeiten, jegliche Kritik zu unterbinden. Viele Slowaken erhofften sich politische Veränderungen und eventuell vorgezogene Neuwahlen. Trotz der aktuell bedenklichen Entwicklungen betont Hvorecký, dass die Slowakei noch eine Demokratie sei und dass die NGOs eine aktive Rolle in der Gesellschaft spielen müssten.
EU und Fico
Anfang des Jahres erreichte der Protest gegen Fico einen Höhepunkt, vergleichbar mit den Demonstrationen auf dem Euromaidan in der Ukraine. Fico, bekannt für seine kritische Haltung zur Unterstützung der Ukraine durch westliche Länder, setzt sich für Verhandlungen mit Moskau ein und plant, den Import russischer Energieträger in die EU wieder aufzunehmen. Er will auch am 9. Mai an den Gedenkfeierlichkeiten in Moskau teilnehmen. Zudem wurde am 15. Mai 2024 ein Anschlag auf Fico verübt, wobei die Hintergründe noch unklar sind.
Das russische Gesetz über „ausländische Agenten“ spiegelt das amerikanische Gesetz „Foreign Agents Registration Act“ (FARA) von 1938 wider, das ursprünglich gegen die Verbreitung nazi-deutscher Propaganda in den USA eingeführt wurde. Die USA verlangten 2017, während Donald Trumps Amtszeit, dass der Sender RT America sich gemäß FARA registriert, und verhängten weitere Sanktionen gegen russische Medien.
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