Das Weltwirtschaftsforum (WEF) steht vor einem weitreichenden Umbruch. Gründer Klaus Schwab hat überraschenderweise sein Amt niedergelegt – offenbar unter dem Einfluss von schwerwiegenden, anonymen Beschuldigungen. Ihm wird private Bereicherung und der missbräuchliche Einsatz von Stiftungsgeldern vorgeworfen. Schwab weist alle Vorwürfe zurück und hat rechtliche Schritte angekündigt. Dabei bleibt zu betonen, dass die Unschuldsvermutung besteht.
Zuvor hatte Schwab bereits durch eine #MeToo-Kontroverse in den USA an Prestige eingebüßt. Viele Kritiker meinen, er habe den optimalen Zeitpunkt für einen wohlüberlegten Rückzug verpasst.
Philipp Hildebrand rückt ins Rampenlicht
Als führender Kandidat für die Nachfolge wird Philipp Hildebrand gesehen. Der ehemalige Präsident der Schweizerischen Nationalbank und derzeitige Vizechef von BlackRock verfügt über umfangreiche wirtschaftliche Fachkenntnisse und ein ausgedehntes internationales Netzwerk. Er ist sowohl mit Davos, den diplomatischen Foren als auch der Medienwelt bestens vertraut.
Hildebrand musste 2012 infolge eines privaten Fremdwährungsgeschäfts seiner Frau von der Spitze der SNB zurücktreten. Obwohl juristisch einwandfrei, war die Affäre politisch unhaltbar. Das durch das Geschäft erzielte Einkommen wurde von dem Ehepaar gespendet, doch war Hildebrands Zeit als Leiter der Nationalbank beendet.
In den Jahren darauf machte sich Hildebrand als außenpolitischer Vertreter von BlackRock einen Namen. Er reiste viel, pflegte Kontakte und beriet Regierungen sowie Institutionen – diskret, jedoch einflussreich. Seine Ambitionen blieben offensichtlich: Für den Vorsitz der OECD kandidierte er, scheiterte jedoch knapp.
Seit 2022 steht er dem Kunsthaus Zürich vor, das finanziell in Schwierigkeiten geraten ist. Zudem engagiert er sich als Mitbetreiber einer Pizzeria im Zürcher Traditionshaus Zunft zur Saffran, zusammen mit dem Gastronomie-Unternehmer Rudi Bindella. Dennoch scheint Hildebrand weiterhin nach einer bedeutenden globalen Aufgabe zu suchen – und das WEF könnte genau die richtige Bühne dafür sein.
Chance für einen Neubeginn
Mehr denn je bedarf das WEF eines glaubwürdigen Neuanfangs. Die Organisation, die einst von Schwab zur Plattform der globalen Elite geformt wurde, sieht sich nun verstärkt öffentlicher Kritik ausgesetzt: Es mangelt an Transparenz, die Themenwahl wirkt elitär und abgehoben. Ein personeller Neustart unter Hildebrands Leitung könnte dem Forum neue Legitimität und Relevanz verleihen.
Mit seinen 60 Jahren befindet sich Hildebrand im idealen Alter für eine solche Führungsposition. Er kennt sowohl das internationale Parkett als auch die Herausforderungen hinsichtlich Vertrauen und Kommunikation. Zudem arbeitete er bereits in jungen Jahren mit Klaus Schwab zusammen – was symbolisch den Kreis schließen würde.
Mehr zum Thema ‒ Citigroup: Neue Rüstungsverschuldung “ein großer Moment für Europa”