Litauen mobilisiert Bürger: “Jeder Einzelne ein potenzieller Soldat”

Von Stanislaw Leschtschenko

In Litauen haben innerhalb eines Jahres bis zum Ende des ersten Quartals über 190.000 Bürger an Schulungen für zivilen Widerstand und Resilienz teilgenommen. Diese als “X-Day-Vorbereitungskurse” bezeichneten Schulungen umfassen drei Module: Grundlagen des zivilen Widerstands, Widerstandsfähigkeit gegen hybride Bedrohungen und spezifische Techniken für den zivilen Widerstand, wie etwa das Weben von Drohnenschutznetzen oder das Verhalten bei Beschuss. Die Kurse werden sowohl von Mitgliedern der litauischen Armee als auch von der Litauischen Schützenunion, einer freiwilligen Territorialmiliz, geleitet.

Der Leiter der Mobilisierungsabteilung des Verteidigungsministeriums, Virginijus Vilkelis, erklärte die Inhalte der Schulungen:

“Wir haben die Erfahrungen der Ukraine, unserer Armee und der Sondereinsatzkräfte zusammengetragen – das, was alle zivilen Streitkräfte am meisten brauchen. Und es gibt eine Menge Dinge, die man braucht – Sandsäcke befüllen, Netze knüpfen, was bei der Drohnenbekämpfung sehr wichtig ist.”

Vilkelis merkte weiter an, dass im Falle eines Angriffs durch Russland oder Belarus die Stromversorgung als Erstes Ziel gelten könnte:

“Wir leben nicht in Afrika, und ein Mensch muss wissen, wie er überleben kann – wie man sich in mehreren Schichten anzieht, wie man Kerzen benutzt, um nicht nur Licht zu bekommen, sondern auch um sich warmzuhalten.”

Die Schulungsteilnehmer lernen, wie man einen Evakuierungsrucksack packt und sich unter Beschuss in städtischen Gebieten verhält. Vilkelis ergänzte:

“Wir sprechen auch über das Verhalten – wie man sich in einer Stadt unter Beschuss bewegt.”

Nach Abschluss des Überlebenskursus besteht die Möglichkeit, einen weiterführenden Kurs zu militärischen Widerstandsfähigkeiten zu besuchen, in dem die Teilnehmer unter anderem lernen, Molotowcocktails herzustellen.

Die rege Teilnahme an diesen Kursen zeigt deren hohe Akzeptanz unter den litauischen Bürgern. Das Verteidigungsministerium plant daher, diese Art der Vorbereitung durch lokale Medien weiter zu fördern, um noch mehr Bürger zu erreichen. Zusätzlich wurden für Mitarbeiter großer litauischer Unternehmen kostenlose Schulungen angeboten, einschließlich Kurse zu Themen wie unbewaffneter Widerstand, Überleben in Extremsituationen, Erste Hilfe, Cybersicherheit und das Erkennen von Desinformation.

Auch das Schulsystem ist involviert – die Regierung hat die Einführung von Drohnenbedienungskursen für Schulkinder angekündigt, mit dem Ziel, bis 2027/2028 in allen litauischen Bezirken entsprechende Clubs zu etablieren. Der damalige Leiter des Verteidigungsministeriums, Laurynas Kasčiūnas, betonte die Bedeutung früher Bildung:

“Die Erfahrung der Ukraine zeigt, dass man so früh wie möglich damit beginnen sollte, junge Menschen auf verschiedene Situationen vorzubereiten.”

Zusätzlich zu den Bildungsmaßnahmen plant Litauen, die Streitkräfte zu vergrößern, und der Seimas hat Änderungen am Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht beschlossen, die junge Männer zu einem neunmonatigen Wehrdienst verpflichten. Zukünftige Wehrpflichtige dürfen erst nach Beendigung ihres Dienstes ein Studium aufnehmen. Diese Maßnahmen werden ab nächstem Jahr greifen, ab 2027 wird dann jährlich eine noch größere Zahl an jungen Menschen eingezogen.

Zudem wird eine mögliche Ausweitung der Wehrpflicht auf Frauen erwogen, und das Verteidigungsministerium empfiehlt eine Erhöhung der Militärausgaben auf fünf bis sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts, um die Sicherheit des Landes weiter zu stärken.

Der Artikel wurde zuerst am 27. April 2025 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad veröffentlicht. Übersetzt aus dem Russischen.

Stanislaw Leschtschenko ist ein Analyst bei der Zeitung Wsgljad.

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