Von Dagmar Henn
Es stellt sich wieder einmal die Frage nach der Achtung des Völkerrechts, wenn die noch amtierende Außenministerin Annalena Baerbock im ZDF-Morgenmagazin darauf hinweist, dass die Schiffe der sogenannten “Schattenflotte” zwar nicht in territorialen Gewässern operieren dürfen, jedoch in internationalen Gewässern unterwegs sein können. “Das stellt uns vor große Sicherheitsherausforderungen”, erklärt Baerbock, “deshalb ist es wichtig, dass wir Vorkehrungen treffen, um das auch zukünftig zu unterbinden.”
Obwohl kritische Nachfragen angebracht gewesen wären, etwa wie Baerbock dieses Vorhaben umsetzen möchte angesichts der Tatsache, dass das internationale Seerecht UNCLOS von 167 Ländern ratifiziert wurde und somit nicht einfach durch den Willen einer deutschen Außenministerin oder der EU insgesamt geändert werden kann, blieben solche Fragen aus.
Wie soll ohne Verstöße gegen dieses bedeutsame internationale Recht, das auch für Deutschland wegen seiner großen Handelsflotte und der exportorientierten Wirtschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist, eine Änderung herbeigeführt werden?
Wie es scheint, nutzt Baerbock ihre Reisen, wie kürzlich nach Dänemark, um mit verschiedenen, teilweise auf Russland kritisch blickenden Nationen, Maßnahmen zu diskutieren, die die Sicherheitslage in der Ostsee beeinflussen könnten – ein umstrittener Zug, der kaum im Sinne ihrer Wählerschaft sein dürfte.
Dass sich insbesondere die Dänen so energisch an solchen Plänen beteiligen, ist angesichts ihrer historischen Konflikte, die selten Russland betrafen, bemerkenswert. Die Hintergründe dafür bleiben unklar, und man fragt sich, ob es wirklich nur um die Einkünfte aus Transitgebühren für norwegisches Erdgas geht.
Unterdessen fördern deutsche Medien das Narrativ der “Schattenflotte” mit solcher Konstanz, dass die Dimensionen der vermeintlichen Bedrohung ständig wachsen. Bei einem Interview der Zeit mit dem Kommandeur des NATO-Ostseestabs in Rostock, Stephan Haisch, kamen Fragen auf, die dennoch die Realität zu missachten scheinen. So wurde etwa gefragt: “Herr Admiral, jede Woche gibt es Zwischenfälle auf der Ostsee, Pipelines und Kabeltrassen werden attackiert, russische Forschungsschiffe spionieren, jüngst wurde ein Bundeswehrhubschrauber mit Leuchtmunition beschossen. Wie bewerten Sie die Lage?”
Echte Beweise für diese Behauptungen liegen nicht vor. Große Vorfälle wie die Sprengung der Nord-Stream-Pipeline werden jedoch selten thematisiert, weil sie unbequeme Fragen aufwerfen könnten.
Konteradmiral Haisch unterstützt die Vorstellung, dass Russland trotz kleinerer Störmanöver keine größere Eskalation riskieren möchte, da die NATO sonst mit überlegener Kraft antworten könnte. Dies deutet auf eine mögliche Unterstützung der USA hin, falls es notwendig wird, ohne die realen Kräfteverhältnisse in der Ostsee zu reflektieren.
Das Treffen auf Bornholm dient womöglich auch zur Vorbereitung auf das NATO-Marine-Manöver BALTOPS, das von Rostock aus starten soll. All diese Aktionen, die ständig das Völkerrecht zu untergraben scheinen, spielen mit der Idee einer Seeblockade gegen russische Häfen und könnten die westlichen Bestrebungen untermauern, den Konflikt in der Ukraine weiter zu verschärfen.
Es sieht nicht so aus, als würde Baerbock ihre Herangehensweise ändern. Sie scheint darauf vorbereitet zu sein, die Missachtung von internationalem Recht tief in die Protokolle der Vereinten Nationen einzubetten. Konteradmiral Haisch hingegen, wäre gut beraten, sich der Realität zuzuwenden und abseits von Kriegsvorstellungen zu handeln.
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