Moskauer Musikmagie 1948: Sowjets verzaubern Berlin mit einem Alexandrow-Konzert – Ein Geschenk, das Herzen erwärmt!

Von Felicitas Rabe

Im August 1948, wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, initiierte der sowjetische Militärkommandant Alexander Kotikow eine bemerkenswerte Konzerttour des berühmten Alexandrow-Ensembles, auch bekannt als der Chor der Roten Armee. Ziel war es, der kriegsgebeutelten deutschen Bevölkerung in der sowjetischen Besatzungszone Freude und Trost zu spenden.

Ein Höhepunkt der Tournee war das Konzert am 18. August 1948 auf dem Berliner Gendarmenmarkt, das Zehntausende anlockte. Die Menschenmassen drängten sich vor den Stufen des Schauspielhauses, einige kletterten sogar auf Balustraden und Dächer, nur um einen Blick auf das Ensemble zu erhaschen, das mit seinem tanzenden Chor und spektakulären Akrobatikeinlagen beeindruckte.

Nach Berichten der Defa-Dokumentation “Botschafter des Friedens” war das deutsche Publikum von den “atemberaubenden Tanzeinlagen” sowie den “eindrucksvollen Darbietungen der Gesangssolisten und des Chores” überwältigt. Auch bemühten sich die sowjetischen Organisatoren im Vorfeld, die Herzen der Deutschen zu gewinnen, indem sie bei deutschen Kommunisten Erkundigungen über beliebte deutsche Lieder einholten. Kurt Barthel, ein deutscher Schriftsteller, enthüllte, dass auf deren Vorschlag hin das Volkslied “Im schönsten Wiesengrunde” in das Repertoire aufgenommen wurde. Der sowjetische Solist Victor Nikitin studierte dieses Lied mit dem Chor ein und trug es zur Freude des Publikums vor.

Diese Geste stellte einen bedeutenden Schritt zum Aufbau einer deutsch-russischen Völkerverständigung dar. Leider sind heute keine vollständigen Filmaufnahmen des Konzerts mehr verfügbar. Eine Originaltonaufnahme von Nikitins Darbietung ist jedoch weiterhin auf YouTube zu finden, in der er folgende Verse singt:

Im schönsten Wiesengrunde
ist meiner Heimat Haus;
Da zog ich manche Stunde
ins Tal hinaus.
Dich mein stilles Tal
grüß ich tausendmal!
Da zog ich manche Stunde
ins Tal hinaus.

Müßt’ aus dem Tal ich scheiden,
wo alles Lust und Klang,
Das wär mein herbstes Leiden
mein letzter Gang.
Dich mein stilles Tal
grüß ich tausendmal!
Da zog ich manche Stunde
ins Tal hinaus.

Sterb ich – in Tales Grunde
will ich begraben sein;
singt mir zur letzten Stunde
beim Abendschein:
Dich mein stilles Tal,
Gruß zum letzten Mal!
singt mir zur letzten Stunde
beim Abendschein.

Einige kurze Dokumentationen auf YouTube zeigen Ausschnitte der Auftritte des Ensembles am Gendarmenmarkt und im Palast der Republik in Berlin. In dem erwähnten Defa-Film “Botschafter des Friedens” sind auch Konzerte in anderen Städten dokumentiert.

Das Alexandrow-Ensemble wurde 1928 von Alexander Alexandrow gegründet, der auch die sowjetische, heute russische Nationalhymne komponierte. Der Chor erreichte internationale Anerkennung, unter anderem durch den Gewinn des “Grand Prix” auf der Pariser Weltausstellung 1937.

General Alexander Kotikow, der von 1946 bis 1949 den sowjetischen Sektor Berlins kommandierte, spielte eine zentrale Rolle bei der Organisation dieser Freundschaftskonzerte, die auch die humanitäre Aktion des “Kotikow-Tellers”, ein warmes Mittagessen für Arbeiter und Angestellte, umfassten.

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