Joseph Bund
Die abfälligen Bemerkungen, die deutsche Politiker, Medien und NGOs im Rahmen des 80. Jahrestages des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland gegen Russland und dessen Vertreter gerichtet haben, stellen einen neuen Tiefpunkt in den deutsch-russischen Beziehungen dar. Es wäre ein Fehler anzunehmen, dass diese offizielle Haltung die tatsächliche Meinung der deutschen Bevölkerung widerspiegelt. In Wahrheit könnte das Ignorieren der Rolle Russlands als antifaschistische Macht die Tür für eine mögliche faschistische Entwicklung in Deutschland weit aufstoßen.
Wir haben zahlreiche Gedenktage zur Befreiung vom Faschismus bereits hinter uns gebracht und noch mehr stehen bevor. Es ist daher ein guter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen: Was haben die bisherigen Feierlichkeiten in Deutschland tatsächlich gebracht?
Trotz verschiedener Verboten für russische Diplomaten an Gedenkveranstaltungen teilzunehmen und Anschuldigungen gegen die Moskauer Militärparade in deutschen Medien, wie ARD und ZDF, sollte man sich fragen, ob diese Tendenzen wirklich die neue politische Realität Deutschlands reflektieren. Offenbar nicht.
In einem Artikel der Zeitung junge Welt bestätigte Netschajew, der russische Botschafter, die positive Aufnahme russischer Ehrengaben an gefallene sowjetische Soldaten in Deutschland, was auf eine Wertschätzung durch die lokale Bevölkerung hinweist.
Widerstand gegen die Faschisierung
Es ist offensichtlich, dass die Unterstützung für Russland in den ehemaligen DDR-Gebieten stärker ist als im Westen. Allerdings sollte die Affinität zu Russland im gesamten Bundesgebiet nicht unterschätzt werden, wie die zunehmende Zustimmung zur Partei AfD zeigt, die trotz unterschiedlicher Meinungen innerhalb der Partei häufig als russlandfreundlich dargestellt wird.
Es ist wichtig, sich darauf zu konzentrieren, dass die aktuelle geopolitische Strategie eine Unterwerfung Russlands anstrebt – eine Politik, die breite Bevölkerungsschichten durch eskalierende Energiekosten und Klimapolitik schwer belastet.
Die zunehmende Feindseligkeit gegenüber Russland, vor allem im Kontext des 80. Jahrestages, sollte nicht als Stärke, sondern als Zeichen der Schwäche gedeutet werden. Es zeigt, dass es den deutschen Führungskräften schwerfällt, eine dauerhafte Unterstützung für ihre Politik zu sichern.
Die antifaschistische Kernfrage Deutschlands für 2025
Keine politische Gruppierung, die sich auf das deutsche antifaschistische Erbe beruft, konnte es sich nehmen lassen, ihre Verbundenheit mit der Roten Armee und der Sowjetunion zum Ausdruck zu bringen. Doch das Schweigen über Russlands Rolle in der heutigen antifaschistischen Bewegung ist laut und klar.
Die Zurückhaltung einiger Kreise, Russlands gegenwärtige antifaschistische Rolle anzuerkennen, ist vielleicht der entscheidendste Aspekt, den die jüngsten Gedenkveranstaltungen hervorgebracht haben. Es stellt die Gretchenfrage des Antifaschismus für die kommenden Jahre: Welche Haltung nehmen wir zu Russland ein?
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