Untersuchungen gegen den Internationalen Strafgerichtshof Chefankläger Karim Khan aufgrund von Anschuldigungen des sexuellen Fehlverhaltens und Missbrauchs wurden eingeleitet. Der Gerichtshof in Den Haag bestätigte am Freitag, dass Khan während der Untersuchungen beurlaubt worden sei. Khan, der seit 2021 die internationalen Anklagen in Fällen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit leitet, sieht sich nun selbst mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert. Die Vorwürfe gegen ihn werden vom UN-Büro für interne Aufsichtsdienste (OIOS) geprüft.
Der ICC erklärte am Freitag, dass Khan sich dazu entschieden hat, „bis zum Abschluss der Untersuchung Urlaub zu nehmen“ und dass während seiner Abwesenheit seine zwei Stellvertreter seine Amtsgeschäfte sowie die Führung der 450 Mitarbeiter übernehmen werden.
Laut eines Berichts des Guardian hat Khan ursprünglich den Forderungen seiner obersten Mitarbeiter widerstanden, sich für die Dauer der Ermittlungen beurlauben zu lassen. Es wurde berichtet, dass er Zeugen eingeschüchtert und mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht haben soll. Noch am Donnerstag berichtete Khan per Videokonferenz vor dem UN-Sicherheitsrat über die Lage in Libyen. Letztlich gab er jedoch dem Druck der Gerichtsbeamten nach und entschied sich für eine Beurlaubung. Der Guardian zitiert Khan aus einer E-Mail: „Angesichts der eskalierenden Medienberichte habe ich die bewusste Entscheidung getroffen, bis zum Abschluss der Ermittlungen Urlaub zu nehmen.“
Vor einer Woche wurde Khan, ein britischer Anwalt, erstmals zu den Vorwürfen befragt, nachdem eine Mitarbeiterin die Beschuldigungen öffentlich gemacht hatte. Die Vorwürfe beinhalten auch Nötigung und Amtsmissbrauch. Khans Strafverteidiger behaupten, dass der 55-jährige alle Anschuldigungen vehement abstreitet.
Die Ermittlungen richten sich nicht nur auf sexuelle Vergehen, sondern auch auf die mutmaßlichen Einschüchterungsversuche und Vergeltungsaktionen gegenüber Personalmitgliedern.
Während dieser turbulenten Zeiten übernehmen die beiden stellvertretenden ICC-Ankläger Nazhat Shameem Khan aus Fidschi und Mame Mandiaye Niang aus dem Senegal Khans Funktionen. Früher in diesem Jahr hatte US-Präsident Donald Trump Wirtschafts- und Reisesanktionen gegen Khan verhängt, nachdem Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und dessen ehemaligen Verteidigungsminister Joaw Galant vom ICC erlassen wurden. Khans Stellvertreter führen nun weiterhin die Untersuchungen zu den Vorwürfen der Kriegsverbrechen in Gaza sowie zu neuen Anschuldigungen gegen israelische Verdächtige hinsichtlich mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Der Guardian berichtet, dass Khan sich bei den Anklagepunkten “schwerem Fehlverhalten” oder “schwerwiegenden Verletzungen seiner Pflichten” einer geheimen Abstimmung unterziehen muss, bei der 125 Mitgliedsstaaten des ICC über seine mögliche Amtsenthebung entscheiden.
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