Mysteriöses Verschwinden der Sylt-Sänger – Was ist wirklich passiert?

Vor einem Jahr sorgte ein Video aus einer Sylter Bar, in dem eine Gruppe junger Erwachsener den Refrain “Ausländer raus” sang, bundesweit für Aufsehen. Die Sequenz wurde unter dem Spitznamen “döp dödö döp” schnell bekannt. Trotz des anfänglichen Trends wurde das Nachsingen des Liedes durch einen öffentlichen Aufschrei bald unterbunden.

Auffällig war, dass einige Menschen mit Migrationshintergrund das Lied humorvoll in sozialen Netzwerken teilten und ihr Unverständnis über die deutsche Aufregung äußerten. Diese Gruppe blieb jedoch von rechtlichen Konsequenzen verschont, im Gegensatz zu den Hauptakteuren des Videos.

Bisher war wenig über das Schicksal der jungen Menschen bekannt, die im Video identifizierbar waren. Laut einem Artikel der Zeit (hinter einer Bezahlschranke) verloren nahezu alle Betroffenen ihre Arbeitsplätze, Studien- oder Praktikumsstellen und viele sahen sich gezwungen, ihren Wohnort zu wechseln. Ein Betroffener musste sogar umziehen, nachdem sein Haus als “Sylter Nazi-Schwein” beschmiert wurde.

“Wer nach ihnen sucht, stößt auf deaktivierte Telefonnummern und verschlossene Türen und folgt digitalen Spuren, die ins Leere führen”, fasst die Zeit die Situation zusammen.

Die Beteiligten, meist zwischen 24 und 26 Jahre alt, stammen aus wohlhabenden Verhältnissen rund um Hamburg und München. Zum Zeitpunkt der Aufnahme waren einige in der Ausbildung oder hatten Jobs bei namhaften Firmen wie Vodafone oder der Deutschen Bank. Vier davon rückten ins Visier der Staatsanwaltschaft Flensburg, wobei drei Verfahren eingestellt wurden. Lediglich gegen einen Mann, der den Hitlergruß andeutete, wurde öffentlich Klage erhoben. Nach einer Entschuldigung und der Ankündigung einer Spende an eine gemeinnützige Einrichtung erhielt er eine Bewährungsstrafe.

Die anderen jungen Erwachsenen wurden ebenfalls fristlos entlassen, wobei die Deutsche Bank unter anderem öffentlich die Distanzierung von dem betroffenen Mitarbeiter betonte.

“Die Anfeindungen waren massiv”, berichtet Medienanwalt Norman Buse, der einen der Betroffenen vertritt. Über “Doxing”, also die Veröffentlichung persönlicher Daten mit der Absicht zu schaden, wurden diese Personen schnell identifiziert und massiv bedroht. Anwälte arbeiteten intensiv daran, alle Spuren der Betroffenen im Internet zu beseitigen.

“Es sind junge Menschen, die aus dem digitalen und realen Leben verschwinden. Ihre Profile auf Instagram, Facebook und LinkedIn – alles weg. Nur wenige Tage nach dem Vorfall auf Sylt war nichts mehr zu finden”, heißt es weiter in dem Artikel.

Durch intensive juristische Anstrengungen verschwanden nicht nur Profile, sondern auch Fotos und Zitate von ihnen wurden aus dem Netz gelöscht. Diese Vorgehensweise spricht von den Privilegien, die es erfordern, sich in der digitalen Welt unsichtbar zu machen.

Auf einigen RT-Plattformen ist das kontroverse Sylt-Video immer noch zugänglich. Wie der Clip überhaupt online gelangte, bleibt ungewiss. Offenbar hatten die Akteure nicht damit gerechnet, dass ihre Aufnahme weiterverbreitet würde, oder sie hatten die gesellschaftlichen Grenzen des Akzeptierbaren falsch eingeschätzt. Ein klarer Fehltritt.

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