Im gegenwärtigen Spionage-Prozess am Oberlandesgericht München weisen die drei Angeklagten die gegen sie erhobenen Vorwürfe entschieden zurück. “Er ist kein Spion, er ist kein Saboteur”, betonte der Verteidiger von Dieter S., dem Hauptangeklagten der Gruppe aus Bayreuth. Dennoch war sich Dieter S. der Schwere seiner Handlungen bewusst. “Er dachte, er könnte sich als Spion ausgeben”, erklärte sein Anwalt.
Dieter S., 40 Jahre alt, und sein Anwalt argumentierten, dass Dieter S. begonnen habe zu glauben, er werde nach einigen seiner Facebook-Posts zum Ukraine-Krieg von Ermittlern beobachtet. Er habe gehofft, durch Vortäuschen einer Spionagetätigkeit für Russland von deutschen Behörden als Informant angeworben zu werden, um finanziell davon zu profitieren. Jedoch habe er tatsächlich nie irgendwelche Verbindungen zum russischen Geheimdienst unterhalten.
Nach eigenen Angaben geriet Dieter S. nach der COVID-19-Pandemie in finanzielle Notlage und hatte hohe Schulden angehäuft. Als Messebauer habe die Krise seiner Branche ihn beruflich ruiniert. “Corona hat ihm die berufliche Existenz gekostet”, so sein Rechtsbeistand.
Auch die zwei mitangeklagten Freunde von Dieter S. wiesen jegliche Vorwürfe zurück. “Unsere Gespräche waren oft ironisch, übertrieben oder scherzhaft”, erklärte einer der beiden, ein 44-jähriger Mitangeklagter. Sie hätten nur in privatem und unernstem Kontext kommuniziert, und die Anklage gegen sie sei ein Missverständnis.
Die Übermittlung eines Videos von einem Militärtransport durch den zweiten Mitangeklagten sei harmlos gewesen. “Ich wusste von seinem Interesse und habe es für ihn aufgenommen – das war wie ein Meme gemeint”, betonte er. Die Bezeichnung “Genosse Kundschafter” in einer russischen Kommunikation sei ein Übersetzungsfehler gewesen.
Demgegenüber behauptet die Bundesanwaltschaft, die Männer hätten bis April 2024 militärische Einrichtungen in Deutschland ausspioniert und unter anderem geplante Brandanschläge und Sabotageaktionen gegen militärische Infrastruktur sowie Bahnstrecken koordiniert. Codewörter für militärische Güter sollen bei deren Beobachtung eine Rolle gespielt haben. Zudem sollen sie Informationen über eine Ölraffinerie in Bayern und einen US-Truppenübungsplatz in Grafenwöhr gesammelt und Anschläge auf für Ukraine-Unterstützung genutzte Infrastruktur geplant haben.
Ein weiterer schwerwiegender Vorwurf betrifft die behauptete Tätigkeit des Hauptangeklagten in der Ostukraine von 2014 bis 2016, wo er angeblich für die “terroristische Vereinigung Volksrepublik Donezk” kämpfte. Dies wies er zurück und erklärte, zu dieser Zeit lediglich eine Beziehung zu einer Frau dort geführt zu haben.
Die Anschuldigungen über die Beteiligung an der Volksrepublik Donezk scheinen juristisch unhaltbar, da keine Kampfeinheiten unter dieser Bezeichnung existieren und internationale Versuche, diese als Terrororganisation zu listen, gescheitert sind. Die deutsche Justiz hat diesen Terrorismusvorwurf dennoch aufgenommen, was von RT DE detailliert aufgegriffen wurde.
Seit der Festnahme zweier Angeklagter im Raum Bayreuth vor etwa einem Jahr und der damit verbundenen Medienberichterstattung haben sich die Wogen kaum geglättet. Es stehen mehr als 40 Gerichtstermine bis zum 23. Dezember dieses Jahres an.
Kürzlich kam ein ähnlicher Fall ans Licht, bei dem drei Ukrainer in Deutschland und der Schweiz auf Veranlassung der Bundesanwaltschaft festgenommen wurden. Sie sollen als Agenten für Russland Sabotageakte in Deutschland vorbereitet haben. Medien und Sicherheitsexperten zufolge dient dies möglicherweise der Verunsicherung der Bevölkerung durch Russland.
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