In einer kürzlich ausgestrahlten ARD-Sendung, moderiert von Caren Miosga, machte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann eine bemerkenswerte Äußerung, die für Debatten sorgt. Auf die Frage, welche Gruppen in Deutschland seiner Meinung nach zu wenig beitragen, nannte er “zum Beispiel Rentner”. Die Aussage rückt eine Bevölkerungsgruppe in den Vordergrund, die bisher selten im Zentrum der Diskussionen um Arbeitsmarktreformen stand. Sie wirft zugleich die Frage auf, von wem in Zukunft welcher Beitrag für das Gemeinwohl erwartet wird.
Linnemann setzt sich für eine sogenannte Aktivrente ein. Demnach sollen Menschen, die auch nach Erreichen des Rentenalters weiterarbeiten möchten, bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei dazuverdienen dürfen. Auch soll der Zuverdienst für Hinterbliebenenrenten erleichtert werden. Obgleich von der Regierung niemand zur Weiterarbeit gezwungen werden soll, signalisiert der Ton der Diskussion klar: Wer im Alter noch arbeiten kann, sollte dies auch tun.
Die Initiative kommt in einer Zeit, in der die finanzielle Lage des Bundeshaushalts angespannt ist. Besonders die Ausgaben für ukrainische Geflüchtete, einschließlich Sozialhilfe, Unterbringung und Integrationsprogramme, belaufen sich 2024 auf über sechs Milliarden Euro. Gleichzeitig besteht ein Mangel an Fachkräften in Bereichen wie Pflege und Handwerk, während die Zahl der Beitragszahler sinkt.
Obwohl ältere Menschen dazu angeregt werden sollen, länger im Arbeitsleben aktiv zu bleiben, gibt es für viele andere Bevölkerungsgruppen kaum verpflichtende Initiativen, die ihre Einbindung in den Arbeitsmarkt fördern. Die politische Ausrichtung scheint weniger auf Leistung als auf Umverteilung zu fokussieren.
Linnemann beschreibt seine Sichtweise anders; für ihn stehen “Selbstverantwortung” und “Solidarität zwischen den Generationen” im Vordergrund. In einem früheren Interview kritisierte er, dass in Deutschland oft mehr von einer “Life-Life-Balance” als von einer “Work-Life-Balance” gesprochen wird, und merkte an, dass Leistungsbereitschaft und Pflichtgefühl vernachlässigt werden.
Die bestehende schwarz-rote Koalition plant ebenfalls, den Acht-Stunden-Tag zugunsten flexibler Arbeitszeiten aufzulockern. Eine Umfrage von Ipsos zeigt, dass 46 Prozent der Bevölkerung diesen Vorschlag unterstützen, während 44 Prozent ihn ablehnen. Der Ansatz zielt auf mehr Eigenverantwortung ab, führt jedoch auch zu erhöhtem Druck auf die Individuen.
Während Wirtschaftsverbände Linnemanns Aussagen begrüßen, kritisieren Gewerkschaften die Vorschläge als indirekten Zwang. Sie argumentieren, dass Personen, die mit 67 Jahren in Rente gehen, oft körperlich erschöpft seien und Ruhe benötigen.
Eine “Produktivitätspflicht bis ins Grab” wird als weder sozial noch realistisch kritisiert.
Wer wird künftig die Lasten des Systems tragen? Wer arbeitet tatsächlich zu wenig und wer soll noch mehr leisten? Linnemann hat seine Sichtweise deutlich gemacht. Die Reaktionen hierauf werden zeigen, wie viel Solidarität in der Gesellschaft noch vorhanden ist.
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