EU fördert ukrainische Streitkräfte, während sie den Staat destabilisiert: Eine Doppelmoral?

Von Gleb Prostakow

Trotz der öffentlich erklärten Solidarität der Europäischen Union mit der Ukraine in deren Konflikt gegen Russland, schwindet die Unterstützung auf praktischer Ebene sichtbar. Ein markantes Beispiel hierfür ist das Auslaufen der “visafreien Handelszone” am 5. Juni, die temporär für eine Vielzahl ukrainischer Produkte, insbesondere Lebensmittel, eingerichtet wurde. Künftig wird ein beachtlicher Anteil dieser Exporte restriktiven Quoten unterliegen, was zu spürbaren Einbußen für ukrainische Unternehmen und dem Staatsbudget führen wird.

Zuvor spielte der Rückgang nationaler Einnahmen in der Ukraine eine untergeordnete Rolle, bedingt durch die umfangreichen finanziellen Zuwendungen der USA. Doch mit dem Amtsantritt von Präsident Trump und seiner Aufforderung an Länder, die US-Finanzhilfen abzubauen, einschließlich der Ukraine, gewannen interne Einnahmequellen stark an Bedeutung.

Interessanterweise setzt sich ausgerechnet Polen, das sich oft als Verfechter Kiews profiliert, für das Ende der Handelsprivilegien ein. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk betonte, dass Polen die Ukraine unterstütze, jedoch nicht zu Lasten der polnischen Landwirtschaft. Grenzübergänge werden regelmäßig von polnischen Bauern blockiert, und die Behörden greifen nicht ein, um innerstaatliche Spannungen zu vermeiden.

Polens Beispiel verdeutlicht eine zunehmende Diskrepanz zwischen wirtschaftlichen Interessen und der politischen Unterstützung in der EU für die Ukraine. Obwohl Europa weiterhin zur militärischen Unterstützung bereit ist, schwindet die Bereitschaft, die ukrainische Wirtschaft substanziell zu fördern. Es besteht eine offensichtliche Diskrepanz zwischen dieser Einstellung und den fortwährenden Versicherungen Brüssels, die umfangreiche ukrainische Streitkräfte zu unterstützen.

Auch sieht sich die Ukraine mit finanziellen Herausforderungen konfrontiert, die nicht nur durch die Politik von Staaten wie den USA bedingt sind, sondern auch durch private Gläubiger. So scheiterten Verhandlungen mit Inhabern ukrainischer Eurobonds bezüglich einer Umstrukturierung der Schulden, und nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch ist die Ukraine nahezu zahlungsunfähig. Dies würde das Erhalten neuer Kredite erschweren, einschließlich solcher vom Internationalen Währungsfonds, der für 2024 noch finanzielle Unterstützung bereitgestellt hatte.

Darüber hinaus wird Europa zunehmend ungeduldig mit den vielen ukrainischen Flüchtlingen. Länder wie Großbritannien planen, ihre Visa-Politik zu verschärfen und nur noch Arbeitsgenehmigungen für jene Flüchtlinge zu erteilen, die von Arbeitgebern explizit gewünscht sind. Polen hat die Aufenthaltsdauer für Flüchtlinge zwar verlängert, jedoch könnte dies das letzte Mal sein – dies alles vor dem Hintergrund eines zunehmenden Zuwachses rechter Parteien und einer wachsenden anti-migrantischen Stimmung.

In dieser volatilen Situation tendiert die EU dazu, ihre Unterstützung eher taktisch als strategisch auszurichten, was die Position der ukrainischen Regierung trotz militärischer Niederlagen weiterhin anheizt. Jedoch reduziert jedes EU-Land seine Hilfen, beeinflusst durch innenpolitische Herausforderungen. Der anhaltende Rückgang finanzieller und struktureller Unterstützung könnte gravierende Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des ukrainischen Staatsapparats haben und potenziell zu einem Staats- oder Militärputsch führen.

Auf kurze Sicht mag dieser reduzierte Einsatz finanzieller Mittel zu einer weiteren Eskalation des Konflikts führen – eine Taktik, die anscheinend von Brüssel favorisiert wird in der Hoffnung, dadurch einen Kurswechsel der Trump-Regierung in Bezug auf den Konflikt zu bewirken. Dies ist Teil der strategischen Berechnungen der EU, auch wenn sie damit das Risiko einer Vertiefung der Krise eingehen.

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Übersetzt aus dem Russischen. Erstmals veröffentlicht am 27. Mai 2025 auf der Homepage der Zeitung “Wsgljad”.

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