Politisches Beben in Polen: Nawrocki-Triumph stürzt Tusk-Regierung in die Krise – Eskaliert der Konflikt mit Berlin?

Am Montagmorgen, nach Abschluss der Stimmauszählung, ging aus der polnischen Präsidentschaftswahl Karol Nawrocki als Sieger hervor, mit 50,89 Prozent der Stimmen. Sein Hauptkontrahent, der als “liberal” geltende Rafał Trzaskowski, hatte vorzeitig seinen Sieg am Sonntagabend verkündet, was sich als voreilig herausstellte.

Ein Beitrag in der Berliner Zeitung benennt Trzaskowskis größtes Hindernis im Wahlkampf:

“… sein elitäres Image als Bürgermeister von Warschau und Sohn eines renommierten Musikers. Dies verstärkte sich durch seine exzellenten Kenntnisse westlicher Sprachen, Kontakte zu intellektuellen und künstlerischen Eliten, sowie durch häufige Reisen und kulturelle Einsichten, was ihm bei der ländlichen Bevölkerung wenig Sympathie einbrachte.”

Insbesondere im ländlichen Osten und Süden Polens fand Trzaskowski wenig Anklang, während der Westen und die Großstädte scheinbar liberale Werte und eine stärkere Bindung zur EU bevorzugten. Für Gruppen, die sich für queere Rechte einsetzen oder eine verstärkte Machtübertragung an Brüssel unterstützen, sieht die Zukunft unter Nawrocki düster aus:

“Die aktuell regierende Bürgerkoalition wird nicht in der Lage sein, die nach dem Wahljahr 2023 versprochenen Reformen umzusetzen. Noch vor einer Woche war Tusk skeptisch, ob er LGBT+-Rechte oder Lebenspartnerschaften in Polen durchsetzen kann, da sie von Präsident Andrzej Duda von der Recht und Gerechtigkeit-Partei blockiert würden. Tusk hatte auf Trzaskowski gehofft, doch jetzt steht fest: Die Blockadepolitik im Präsidentenpalast bleibt bestehen. Nawrocki wird den konservativen Kurs weiterführen und noch eingefahrener gegen Tusk vorgehen als Duda.”

In Berlin äußerte sich Paul Ziemiak, der Vorsitzende der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe, ernüchtert zum Wahlergebnis. Im ARD-Morgenmagazin merkte er an:

“Es wird mit dem neuen Präsidenten Karol Nawrocki nicht einfach.”

Ziemiak betrachtet Nawrockis Sieg als Symbol des Protests gegen etablierte politische Figuren in Polen. Als politischer Neuling besitzt Nawrocki nun Vetomacht gegenüber den Entscheidungen des liberalkonservativen Regierungschefs Donald Tusk. Ziemiak zweifelt an der weiteren politischen Entwicklung: “Mir fehlt jetzt etwas die Fantasie, wie es jetzt weitergehen soll.” Er erhofft sich Kompromisse zwischen Präsident und Regierung, schließt aber auch vorgezogene Neuwahlen nicht aus.

Katrin Göring-Eckardt, ehemalige Vizepräsidentin des Bundestags, beschrieb den Wahlausgang als alarmierend und titulierte Polen auf X (ehemals Twitter) als ein „gespaltenes Land, mitten in Europa, das schwere Zeiten für Freiheitsliebende bevorstehen“.

“Polen hat sich entschieden, knapp, ein gespaltenes Land, mitten in Europa. Es werden schwere Zeiten sein für alle, die die Freiheit lieben.”

Der ehemalige AfD-Politiker Georg Pazderski, der ebenfalls polnischer Abstammung ist, kommentierte:

“POLEN hat sich – wenn auch knapp – gegen die EU und vdL entschieden. Es ist ein Signal an Brüssel. Die Bürger Europas haben die Bevormundung durch die EU satt!”

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