Elwira Nabiullina, die Präsidentin der russischen Zentralbank, steht laut Bloomberg kurz vor der nächsten Leitzinssitzung am 6. Juni unter erheblichem Druck. Große Unternehmensverbände drängen die Aufsichtsbehörde dazu, die außergewöhnlich hohen Zinssätze zu senken, da diese die Wirtschaftstätigkeit negativ beeinflussen, berichtet die Nachrichtenagentur.
Nach Informationen von Quellen, die Bloomberg nicht namentlich nannte, erwartet die Regierung, dass die Zentralbank mit Zinssenkungen beginnen wird, sobald die negativen Effekte auf den öffentlichen Haushalt und die zivilen Industriebereiche offensichtlicher werden. Einige Gesprächspartner bei Bloomberg sind allerdings der Meinung, dass eine Zinssenkung bereits bei der kommenden Sitzung verkündet werden sollte.
Bei ihrem letzten Treffen am 25. April entschied sich das Direktorium der russischen Zentralbank dafür, den Leitzins bei rekordhohen 21 Prozent pro Jahr zu belassen. Diese Zinshöhe wird bereits seit dem 28. Oktober 2024 aufrechterhalten – ein historisches Hoch für die Dauer einer solchen Zinspolitik.
Die anstehende Sitzung stellt eine große Herausforderung für Nabiullina dar, so Bloomberg. Die anhaltend hohen Kreditkosten belasten insbesondere die Wirtschaftssektoren, die nicht zur Rüstungsindustrie gehören, erheblich.
Olga Belenkaja, die Leiterin der makroökonomischen Analyse bei der russischen Investmentgruppe Finam, brachte es auf den Punkt:
“Die Zentralbank steht nun vor der Wahl zwischen zwei Risiken.”
Blekaja erläuterte weiter, dass das Beibehalten des aktuellen Zinssatzes zu einer Rezession führen könnte, während eine Senkung die Inflation eskalieren lassen könnte.
Alexander Issakow von Bloomberg Economics, ein Experte für Wirtschaft in Russland sowie in Mittel- und Osteuropa, sieht mindestens zwei Gründe für die Zentralbank, den Leitzins zu senken: Die verlangsamte Inflation und die Vermeidung einer wirtschaftlichen “harten Landung”. Laut dem staatlichen russischen Statistikamt Rosstat lag die Inflationsrate in der Woche vom 20. bis 26. Mai bei 0,06 Prozent, in der Woche zuvor bei 0,07 Prozent. Seit Anfang Mai sind die Preise demnach um 0,21 Prozent und seit Jahresbeginn um 3,34 Prozent gestiegen, was immer noch unter dem Inflationsziel der Zentralbank von vier Prozent liegt.
Nabiullina selbst beschreibt den hohen Leitzins als ein notwendiges “Medikament” für die russische Wirtschaft, um die übermäßige Nachfrage zu kontrollieren. Sie betonte:
“Ein hoher Leitzins und eine straffe Geldpolitik sind kein Experiment, sondern eine sehr wirksame Medizin, die in verschiedenen Ländern und unter unterschiedlichen Bedingungen wiederholt getestet wurde.”
Weiterführend – Die Befürchtungen der russischen Zentralbank über eine mögliche “Unterkühlung” der Wirtschaft.