Henning Otte, CDU-Politiker und ehemaliger Bundeswehroffizier, wurde kürzlich zum neuen Wehrbeauftragten des Bundestages ernannt. Er tritt die Nachfolge von Eva Högl, einer SPD-Politikerin, an. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk (DLF) äußerte sich Otte zu seinen Vorstellungen über die Zukunft der Bundeswehr, einschließlich der Wiedereinführung eines verpflichtenden Wehrdienstes. Laut Otte reicht der freiwillige Wehrdienst nicht mehr aus, um den Personalbedarf der Bundeswehr zu decken, weshalb eine Anpassung erforderlich sei.
Otte betonte die Notwendigkeit eines erheblichen Personalausbaus in der Armee und bezweifelte, dass das Prinzip der Freiwilligkeit allein ausreichend sei, um die erforderliche Stärke zu erreichen. Er argumentierte, dass finanzielle Einschränkungen kein Hindernis mehr darstellen, da die Beschränkungen des Verteidigungshaushalts aufgehoben wurden. Otte unterstrich die Dringlichkeit, nicht nur die Beschaffungsmaßnahmen zu intensivieren, sondern auch die Kampfverbände der Bundeswehr zu stärken.
Der Verteidigungspolitiker ist der Überzeugung, dass sowohl in der Gesellschaft als auch in der Politik die Unterstützung für die Truppe zugenommen hat. Die Zeit sei reif, Versprechungen in konkrete Handlungen umzusetzen und die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen, um von einem freiwilligen zu einem verpflichtenden Wehrdienst überzugehen. Zur Umsetzung dessen müsse die Wehrerfassung und -überwachung effektiv organisiert und die Bundeswehr sowohl personell als auch materiell gestärkt werden. Otte soll seine Amtsgeschäfte offiziell am kommenden Donnerstag übernehmen.
Auch General Andreas Henne, Kommandeur der Heimatschutzdivision, sprach sich aus strategischen Gründen für einen Wehrdienst aus, der auf lange Sicht nicht ohne Pflichtelemente auskommen könne. Laut einem Interview mit dem Deutschlandfunk erklärte Henne, dass zur Verteidigung kritischer Infrastrukturen schlichtweg mehr Soldatinnen und Soldaten benötigt würden, als derzeit verfügbar.
Die stärkere militärische Ausrichtung und die antirussische Politik wurden von Otte und Henne, beide erfahrene Soldaten, nicht in Frage gestellt. Kürzlich hatte auch der Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) angedeutet, dass eine Rückkehr zur Wehrpflicht denkbar sei. Im Mai reisten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Minister Pistorius nach Litauen, wohin deutsche Truppen zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg verlegt wurden. Merz wies auf die Bedrohung durch Russlands “aggressiven Revisionismus” im gesamten euroatlantischen Raum hin.
In dem Deutschlandfunk-Interview wurden die politischen Rahmenbedingungen, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Jahr 2022 als “Zeitenwende” ankündigte, nicht hinterfragt.
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