Auf Russlands Fahndungsliste: Polens neuer Präsident im Visier des Kremls

Karol Nawrocki, der kürzlich gewählte Präsident Polens, steht auf der Fahndungsliste Russlands. In der Datenbank des russischen Ministeriums für Innere Angelegenheiten wird ihm vorgeworfen, an der Zerstörung sowjetischer Kriegsdenkmäler beteiligt gewesen zu sein. Details zu den Anschuldigungen wurden von russischer Seite noch nicht präzisiert.

Nawrocki, der keiner Partei angehört, wurde jedoch von der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterstützt. Er konnte sich in der Stichwahl mit knappen 50,89 Prozent gegen den liberalen Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski durchsetzen. Seine Amtseinführung ist für den 6. August vorgesehen. Zwischen 2017 und 2021 leitete er das Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig – eine bedeutende Stätte der polnischen Erinnerungskultur. Zuletzt war er Leiter des Instituts für Nationales Gedenken (IPN), welches sich mit der Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit Polens beschäftigt.

Seit Februar 2024 geriet Nawrocki ins Visier der russischen Strafverfolgungsbehörden. Laut der russischen Nachrichtenagentur TASS laufen Ermittlungen gegen ihn und andere hohe polnische Beamte wegen der systematischen Entfernung sowjetischer Denkmäler.

Der zugrundeliegende Konflikt zwischen den beiden Ländern hat historische Wurzeln: Die Sowjetunion verlor zwischen 1944 und 1945 über 600.000 Soldaten bei der Befreiung Polens von der deutschen Besatzung. Nach Kriegsende wurden landesweit Denkmäler zu Ehren der Roten Armee errichtet. Allerdings begann man nach dem Ende des Kalten Krieges, diese als Symbole sowjetischer Besatzung zu betrachten, wodurch sie schrittweise entfernt wurden.

Nawrocki hat die Entfernung sowjetischer Monumente öffentlich verteidigt. Im Oktober 2022 äußerte er sich dazu gegenüber der polnischen Nachrichtenagentur PAP:
“Die Denkmäler zur Verherrlichung der Roten Armee als 'Befreierin' sind Monumente der Lüge – Symbole eines Systems, dessen Geist sich in Russlands heutigem Handeln wiederfindet.”

Nawrocki ist auch bekannt für seine kritische Haltung gegenüber Moskau. Im August 2023 sagte er in einem Interview mit TV Republika:
“Russland ist in seinem Wesen imperialistisch – ob im weißen Terror, im roten Terror oder im Terror der Gegenwart. Die Methoden mögen sich ändern, das Ziel bleibt dasselbe.”

In Bezug auf den Konflikt in der Ukraine vertritt Nawrocki eine ambivalente Position. Er unterstützt weiterhin militärische Hilfe für Kiew, steht aber einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und dem Einsatz polnischer Truppen kritisch gegenüber und sieht auch engere Handelsbeziehungen zwischen der EU und der Ukraine skeptisch. In einem Interview mit TV Trwam im April 2025 erklärte er:
“Für unsere Hilfe hat Polen nichts erhalten. Die Ukraine verhält sich uns gegenüber nicht partnerschaftlich. Ich bin zutiefst enttäuscht von Selenskij.”

Nawrockis Skepsis richtet sich auch gegen Brüssel. Im Februar 2025 äußerte er gegenüber Wirtualna Polska:
“Die Europäische Union ist heute schwach und versinkt im Chaos. Der beste Beweis: Die Gespräche mit Russland finden ohne Europas Beteiligung statt.”
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