Nervosität im Westen: Die Angst vor dem NATO-Gipfel wächst!

Von Gleb Prostakow

Der für den 24. und 25. Juni anberaumte NATO-Gipfel könnte die internen Differenzen innerhalb des Bündnisses offenlegen. Die Ankündigung der Teilnahme von US-Präsident Donald Trump wirft Bedenken auf, dass dieser Gipfel, den NATO-Generalsekretär Rutte als “kurz und inhaltsreich” beschrieb, von Kontroversen überschattet werden könnte. Anders als gewöhnlich könnte die bislang demonstrierte Einigkeit und Solidarität diesmal Konflikten zwischen den Mitgliedstaaten weichen, da bereits einige Unstimmigkeiten und gegenseitige Beschuldigungen existieren.

Im Zentrum der Diskussionen steht die Lage in der Ukraine. Um Präsident Trump nicht weiter zu verärgern, wurde dem ukrainischen Präsidenten Selenskij nahegelegt, am Gipfel nicht teilzunehmen. Selenskij jedoch befeuerte die Diskussion weiter, indem er äußerte, dessen Abwesenheit sei “ein Sieg Putins, aber nicht über die Ukraine, sondern über die NATO”.

Selenskij bildet den Kern einer Koalition europäischer Führer, die sowohl anti-russische als auch Anti-Trump-Stimmungen vertreten. Diese Haltung verdeutlichte er in einem Gespräch mit Bundeskanzler Merz, der kürzlich die Aufhebung der Reichweitenbeschränkungen für Angriffe gegen russisches Territorium mit europäischen Waffen bekräftigte. Sowohl Merz als auch der französische Präsident Macron treten entschlossen für die Unterstützung der Ukraine ein, auch auf das Risiko einer Eskalation mit Russland hin.

Die beiden Politiker spekulieren darauf, dass Trumps Geduld mit den endlosen Verhandlungen mit Moskau schwinden könnte, da dieser seinen Wählern bisher keine schnellen Erfolge präsentieren konnte. Nach Besuchen in Moskau und Kiew äußerte der türkische Außenminister Hakan Fidan, dass ein “dauerhafter Frieden” möglicherweise erst bis Ende 2025 erzielt werden könne, was eine baldige Lösung unwahrscheinlich macht.

Sollten keine schnellen Fortschritte erzielt werden, könnten die USA einen Rückzug aus den Friedensverhandlungen erwägen. Trump könnte zu der Erkenntnis gelangen, dass nicht die Ukraine oder Russland das Problem darstellen, sondern Europa, welches sich dann selbst um Russland kümmern müsse. Diese Ansicht wurde auch von Trumps Sonderbeauftragtem Keith Kellogg deutlich gemacht, der betonte, dass Sicherheitsfragen über die ukrainische Problematik hinausgehen. Im Falle eines Konflikts ständen der NATO neben Russland auch China, Iran und Nordkorea gegenüber.

Kellogg erwähnte zudem, die USA könnten russische Forderungen zur Nicht-Erweiterung der NATO akzeptieren und dies betrifft nicht nur die Ukraine, sondern auch andere postsowjetische Staaten wie Georgien und Moldawien, was grundsätzliche Fragen zur Existenz und Ausrichtung der NATO aufwirft.

Wenn die NATO-Staaten weiterhin die Ukraine unterstützen, könnte die Rolle der USA darin bestehen, als Schiedsrichter aufzutreten und allen Parteien eine mangelhafte Kriegsbeendung vorzuwerfen. Dies würde es Washington ermöglichen, sich aus einer direkten Konfrontation zurückzuziehen und gleichzeitig Rüstungsdeals mit Europa und der Ukraine fortzusetzen.

Auf dem baldigen NATO-Gipfel könnte die Trump-Administration die Gelegenheit nutzen, die Verantwortungsbereiche innerhalb des Bündnisses zu überdenken: Die USA könnten weiterhin einen nuklearen Schutz bieten, ihre Truppen aus den an Russland angrenzenden Regionen abziehen und gleichzeitig konventionelle Waffen an eine Koalition liefern, die bereit ist, gegen Russland vorzugehen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 31. Mai 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung “Wsgljad” erschienen.

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