Von Dagmar Henn
Die neu konstituierte Bundesregierung präsentiert sich als Retterin der Wirtschaft und plant, durch erhöhte Abschreibungen in den nächsten Jahren Investitionen zu fördern, wobei bedauerlicherweise ein Teil dieser Maßnahmen in die fragwürdige Förderung großer Elektroautos fließt. Parallel dazu senkte die Europäische Zentralbank (EZB) erneut die Zinsen um ein Viertelprozent. Man könnte also meinen, dass alles in bester Ordnung sei. Aber dem ist nicht so, denn schon ab 2028 könnte die Körperschaftsteuer mit einem geplanten Satz von 10 Prozent nahezu einer bedrohten Art gleichen.
“Dies soll den Unternehmen langfristige Planungssicherheit bieten und den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken”, wird behauptet. Doch die Steuersenkungen für Unternehmen bedeuten, dass andere die Zeche zahlen müssen, was unweigerlich den Binnenmarkt beeinträchtigen wird.
Nicht zu vergessen sind viele weitere Faktoren, die zusammenkommen und entgegen der Absichten der Regierung lediglich kurzfristig den Aktionären Gewinne bescheren könnten, ohne das eigentliche Problem der Wirtschaft zu lösen.
Zur Veranschaulichung: Laut der letzten Wirtschaftsmeldung von Allianz Trade ist die Zahl der Großinsolvenzen weltweit um 14 Prozent gestiegen und sammelt sich hauptsächlich in Westeuropa. Speziell in Deutschland verzeichneten wir 87 Großinsolvenzen im Jahr 2024 mit einem Umsatzanstieg von 55 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Für das laufende Jahr wird keine Besserung erwartet, und „Dominoeffekte“ auf die Lieferketten sind sehr wahrscheinlich.
Zu Beginn des Jahres 2025 gerieten mehrere große Unternehmen in unterschiedlichen Branchen unter Druck, was auf langfristige Probleme wie hohe Energiekosten und stagnierende Reallöhne zurückzuführen ist. Die Textilbranche verdeutlicht dramatisch, wie sehr bereits alles Mögliche ausgelagert wurde.
Als Antwort auf die Regierungserklärung des Bundeskanzlers Friedrich Merz betonte der Bundesverband der Deutschen Industrie die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sowie einer dringenden Senkung der Energiekosten.
Die Energiekosten dürften jedoch steigen, besonders nachdem sich die EU auf den Weg gemacht hat, gemeinsam mit den USA weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Das betrifft direkt die Hauptlieferketten und Produktionsprozesse vieler deutscher Branchen, insbesondere nach den Annahmen der EU über die Pläne zu Strafzöllen auf russische Energieexporte.
Ein weiteres Problem ist die Abhängigkeit der deutschen Elektroautoindustrie von seltenen Erden aus China, die durch geopolitische Spannungen gefährdet ist. Verhandlungen mit China stehen unter keinem guten Stern, da die EU bereits Strafzölle auf chinesische Elektrofahrzeuge erhoben hat.
Eine Senkung der Körperschaftsteuer auf zehn Prozent und andere wirtschaftliche Anreize reichen nicht aus, um den Binnenmarkt wiederzubeleben oder den drohenden Kollaps der Exportmärkte aufzuhalten. Es sieht düster aus, und die Situation könnte sich noch verschlimmern, wenn man bedenkt, dass bald neue EU-Regeln für Heizsysteme und eine Ausweitung des CO2-Emissionshandels ansetzen könnten.
Letztendlich zeigt die Entwicklung bei den Insolvenzen deutlich, dass größere wirtschaftliche Herausforderungen bevorstehen, eine Sichtweise, die auch die ARD-Tagesschau jüngst mit der Feststellung unterstützte, dass die aktuelle Krise schlimmer sei als die Finanzkrise 2008.
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