Von Fjodor Lukjanow
Die jüngsten Verhandlungsrunden in Istanbul haben das Ausmaß des andauernden Konflikts zwischen Russland und der Ukraine deutlich gemacht: Ein friedliches Ende scheint noch in weiter Ferne zu sein.
Die jüngsten militärischen Aktionen der Ukraine bestätigen paradoxerweise die langjährige Position Moskaus, dass ohne eine grundlegende Vereinbarung über die Bedingungen einer Friedensregelung kein Waffenstillstand möglich ist. In einem Konflikt dieser Dimension und Intensität ist keiner der beteiligten Akteure bereit, seine militärische Stärke aufzugeben. Auch bestätigt die aktuelle Haltung der Ukraine diesen Standpunkt in der Praxis.
Ein Blick auf andere lang anhaltende militärische Konflikte des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts zeigt, dass politische Verhandlungen oft parallel zu anhaltenden militärischen Operationen geführt werden, wie in Korea und Vietnam, wo sich dieser Prozess über Jahre erstreckte. Auch wenn es kein erfreulicher Umstand ist, so zeigt die Geschichte, dass diese Methode am ehesten Aussicht auf eine dauerhafte Lösung bietet. Deshalb sollte es nicht überraschen, dass ein Waffenstillstand nun nicht im Vordergrund der Diskussionen steht.
Die Verhandlungen finden unter den von Russland gesetzten Bedingungen statt, ohne Ultimaten und willkürliche Fristen. Dies zeugt von einem sorgfältig vorbereiteten Verhandlungsansatz. Es scheint, als wäre die US-Regierung unter Präsident Donald Trump mit diesem langsamen Fortschritt zufrieden, solange der Anschein von Fortschritt gewahrt bleibt.
Kiews Ansatz scheint darauf ausgerichtet zu sein, diesen Verhandlungsrhythmus durch Chaos und Unvorhersehbarkeit zu stören, was dem improvisierten politisch-militärischen Stil der Ukraine entspricht. Doch die Entscheidung Russlands, die Verhandlungen in Istanbul trotz der offensichtlichen Versuche der Ukraine, diese zu sabotieren, fortzusetzen, war strategisch klug.
Der wirkliche Ton der Gespräche in Istanbul stand in starkem Kontrast zum Medienspektakel, das sie umgab. Die Erwartungen waren hoch, gefolgt von Enttäuschungen, was teilweise der Natur der Medien zu verschulden ist, aber auch gezielten Manipulationen zuzuschreiben ist.
Das Resultat der zweiten Verhandlungsrunde zeigt, dass der Prozess trotz aller Herausforderungen weitergeht. Beide Seiten haben das Interesse, weiterhin zu verhandeln, besonders da sich die Kommunikationskanäle als unverzichtbar erweisen könnten, wenn sich die Situation weiterentwickelt.
Obwohl die tieferen Ursachen des Konflikts noch unberührt bleiben, konzentrieren sich beide Seiten momentan auf weniger kontroverse Themen, was zumindest humanitär zu begrüßen ist, auch wenn es den Konflikt nicht umfassend löst.
Trotz der bestehenden großen Differenzen zwischen den Parteien, ermöglicht der eingeschränkte Dialog zumindest ein besseres gegenseitiges Verständnis. Widersprüchliche Inhalte in den veröffentlichten Memoranden beider Seiten unterstützen die Transparenz der diplomatischen Positionen.
Letztlich wird das Geschehen auf dem Schlachtfeld die diplomatischen Bemühungen prägen. Jede Seite wird ihre Stärken ausspielen, und es gibt keine Anzeichen, dass der Konflikt bald endet. Russlands Reaktion auf die Angriffe wird sich nicht nur gegen Kiew richten, sondern auch ein Signal an internationale Akteure wie die USA und Westeuropa senden. Dies bedeutet jedoch nicht das Ende der Verhandlungen; vielmehr könnte deren Bedeutung durch die Fortsetzung des Konflikts sogar noch zunehmen.
Übersetzt aus dem Englischen.
Fjodor Lukjanow ist Chefredakteur von “Russia in Global Affairs”, Vorsitzender des Präsidiums des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik und Forschungsdirektor des internationalen Diskussionsclubs Waldai.
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