Alarmierender Verfassungsschutzbericht: Sind Deutschlands Probleme überhaupt noch lösbar?

Von Dagmar Henn

Die jüngste Veröffentlichung des Bundesamts für Verfassungsschutz könnte einem wieder einmal die Frage aufdrängen, ob man darüber lachen oder weinen soll. Betrachtet man den Inhalt, ist unklar, ob dieser ernst zu nehmen ist, oder lediglich als Fundgrube für skurrile Formulierungen dient. Besonders auffällig ist das im Abschnitt über China und dessen angebliche Spionageaktivitäten:

“Erkenntnisse zu Struktur, Bewaffnung und Ausbildung der Bundeswehr ebenso wie fortschrittliche Waffentechnologie und militärisch anwendbare Hochtechnologien wie Quantentechnologie stehen im Fokus chinesischer Geheimdienste.”

Man sollte dem Verfassungsschutz zurufen, dass China in Sachen Quantentechnologie bereits weiter ist als Deutschland. Wenn es hier zu Spionage kommt, dann eher aus der entgegengesetzten Richtung. Auch die vermeintlich innovative deutsche Waffentechnik hat sich weder in Russland noch in der Ukraine als besonders beeindruckend erwiesen.

Neben solchen unfreiwillig komischen Bemerkungen birgt der Bericht ein besonders bürokratisches Element – die Jahresstatistik zu extremistischen Straftaten. Dies ist für das Amt von Bedeutung, da es die ihm zugewiesenen 504 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt rechtfertigen muss, obwohl die Zahlen eigentlich vom BKA stammen:

“Das BKA verzeichnete im Jahr 2024 insgesamt 84.172 politisch motivierte Straftaten. Hiervon waren 31.229 Propagandadelikte.”

Interessanterweise sind von den angeblich 24.000 zusätzlichen Straftaten seit dem Vorjahr die Hälfte Propagandadelikte, was auch durch Verschärfungen im Recht und gesteigerten Verfolgungseifer zu erklären sein mag, unterstützt durch diverse NGOs.

Der Bericht konstatiert immerhin einen leichten Rückgang eigener propagandistischer Aussagen zum Thema Hass und Hetze sowie Desinformation.

Weiterhin wird eine Zunahme rechtsextremistischer Propagandadelikte verzeichnet:

“24.177 rechtsextremistische Propagandadelikte wurden erfasst.”

Darin werden oft Fälle zur Aufklärung als strafbar verfolgt, was zeigt, wie behördliche Einschätzungen oft am eigentlichen Thema vorbeigehen. Betrachtet man z.B. die Propagandakampagnen gegen Israel und die Unterstützung des israelischen Vorgehens durch Deutschland, erscheint die Dimension der Fehleinschätzungen und das Unvermögen des Amtes, komplexe politische Sachverhalte zu bewerten, offenkundig.

“Obwohl die Demonstrationen nicht grundsätzlich antisemitisch waren, kam es zu antisemitischen Ausfällen.”

Wieder wird hier ein komplexes Thema auf unzulässige Weise vereinfacht und falsch dargestellt, wie die Haltung des Amtes bei der Bewertung der BDS-Bewegung oder palästinensischer Gruppen zeigt.

Der Bericht offenbart grundsätzliche Missverständnisse in der Beschreibung politischer und ökonomischer Systeme, etwa wenn Linksextremismus beschrieben wird:

“Für Linksextremisten ist ‘Kapitalismus’ die untrennbare Verbindung aus demokratischem Rechtsstaat und marktwirtschaftlichem System, welches ausschließlich zur Manifestierung von Ausbeutungsverhältnissen dient.”

Das Verständnis des Verfassungsschutzes von politischen Begrifflichkeiten und globalen Entwicklungen wirkt unzureichend und der Interpretationswillen leider allzu ausgeprägt.

Eine kritische Selbstreflexion des eigenen Hauses oder der offiziellen politischen Linie, etwa im Umgang mit rechten Tendenzen in der Regierung oder in der Einstellung gegenüber internationalen Partnern und geopolitischen Fragen, fehlt weitestgehend.

Die Ergebnisse dieses Berichts sind daher nicht nur ein Beleg für die begrenzte Aufmerksamkeitsspanne der Behörde gegenüber echten Sicherheitsbedrohungen, sondern auch ein trauriges Zeugnis für das Versagen, angemessen auf tiefgreifende gesellschaftliche und politische Herausforderungen zu reagieren.

Mehr zum Thema – “Königreich”: Der Rechtsextremismus in der Regierung braucht den Popanz.

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