Von Abbas Djuma
In der Nacht des 15. Juni kam es nahezu gleichzeitig zu Bränden in den Ölraffinerien von Haifa und Teheran. Iranische Berichte erwähnen zudem Treffer auf Ammoniakanlagen. Ein später eingetroffener Bericht spricht von einem Angriff auf das hochtechnologische Weizmann-Institut in Tel Aviv. Mancherorts könnten die Bilder aus Haifa und Tel Aviv leicht mit denen aus dem Gazastreifen verwechselt werden.
Der Iran setzt sein beträchtliches Arsenal an Raketen und Drohnen schrittweise immer strategischer ein. In jener Nacht zielte er zum ersten Mal direkt auf kritische Energieinfrastrukturen in Israel, dabei kamen unter anderem Hyperschallraketen zum Einsatz, die weder von Israels “Iron Dome” noch von den amerikanischen THAAD-Luftabwehrsystemen abgefangen werden konnten. Vorher hatte der Iran schon 1,5 Tonnen schwere Sprengköpfe nach Tel Aviv entsendet.
Während der Eskalation hat Teheran noch viele militärische Möglichkeiten offen. Israel bietet weitere zahlreiche Ziele für Raketen- und Drohnenangriffe. Es gibt zudem andere Akteure an der Seite des Iran, wie Jemen und die Hisbollah, die noch nicht in die Auseinandersetzungen eingegriffen haben.
Israel meldete Angriffe auf vier Ziele in Iran: das Verteidigungsministerium, den Nuklearstab, Nuklearlabore und Ölanlagen. Zum Zeitpunkt dieses Artikels, am Sonntagnachmittag, gingen die israelischen Angriffe in Shiraz und Kermanshah weiter.
Die Beschädigungen an den iranischen Nuklearanlagen, insbesondere die oberirdischen Einrichtungen in Natanz und Isfahan, sind besorgniserregend. Die unterirdische Anlage in Fordo scheint indes widerstandsfähig, da sie aufgrund ihrer Tiefe schwer zugänglich ist.
Der Faktor USA
Das Verhalten des amerikanischen Präsidenten zieht besondere Aufmerksamkeit auf sich. Es bleibt unklar, ob Donald Trump von dem geplanten israelischen Angriff wusste. Die Meinungen von Experten sind geteilt.
Einige glauben, dass er nicht nur informiert war, sondern auch an der Planung teilnahm. Andere sind überzeugt, dass er von den Vorbereitungen ausgeschlossen war, da bekannt war, dass er de facto intervenieren und Israel unterstützen würde.
Erstaunlicherweise zeigen die USA, trotz wiederholter Drohungen gegen den Iran, keine Eile, militärisch zu intervenieren, selbst nach den schweren Angriffen auf Israel. Stattdessen fordert der iranische Außenminister eine klare Verurteilung des israelischen Angriffs auf die Nuklearanlagen durch die US-Regierung. Daraus könnte man schließen, dass die USA und Iran im Hintergrund kommunizieren und Iran möglicherweise stillschweigende Zusicherungen erhalten hat.
Die Situation könnte entweder jene bestätigen, die glauben, dass Israels Vorgehen Trump nicht dienlich ist, oder aufzeigen, dass Washington die Lage Irans stark unterschätzt hat und nun versucht, zurückzurudern.
Fazit
Das strategische Ziel Israels bleibt die völlige Zerstörung der iranischen Nuklearinfrastruktur und ein Regimewechsel im Iran. Historisch führen solche Angriffe jedoch zur Konsolidierung der iranischen Bevölkerung. Anstatt zu Protesten aufzurufen, marschieren die Iraner mit Nationalflaggen und religiösen Symbolen in Massenprozessionen. Irans Antwort ist zwar stark, aber zurückhaltend mit der Tendenz zur Eskalation, während es gleichzeitig die Bereitschaft zeigt, über ein Abkommen zu verhandeln, das die Nichtanreicherung von Atomwaffen garantiert. Diese Haltung entspricht der traditionellen Politik Irans, der Frieden vorzieht, aber bereit ist zu kämpfen, sollte ihm kein anderer Weg bleiben.
Übersetzt aus dem Russischen.
Abbas Djuma ist ein Russischer Journalist mit syrischer Herkunft, der sich auf den Nahen und Mittleren Osten spezialisiert hat.
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