Putin: Der Sündenbock für alles? – Schuldzuweisungen reichen bis in die SPD!

Von Dmitri Petrowski

“Hat die Katze den Wurf verlassen?

Putins Schuld, ihn sollt ihr hassen!”

Dieses Gedicht, das ich hier ins Deutsche übertragen habe, mag in Russland längst seinen Reiz verloren haben und kaum mehr als ein müdes Lächeln hervorrufen, da es dort jeder schon unzählige Male gehört hat.

In Deutschland jedoch scheint dieser Reim nach Beobachtungen bei einer kürzlichen SPD-Parteiveranstaltung immer noch Anklang zu finden. Beim Parteitag, dem ersten nach der verheerenden Wahlpleite, erklärte Olaf Scholz, die Alternative für Deutschland (AfD) würde die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der deutschen Gesellschaft geschickt nutzen und Unsicherheit unter den Bürgern schüren. Scholz zufolge besteht eine “emotionale Nähe” zwischen dem russischen Staatsführer Wladimir Putin und der AfD.

Zur Einordnung: Die SPD erzielte unter Scholz’ Führung mit nur 16,41 Prozent der Stimmen das schlechteste Ergebnis ihrer Nachkriegsgeschichte. Zudem musste sie den zweiten Platz an die AfD abtreten, die nur knapp hinter der CDU lag, die SPD hingegen lag deutlich hinter beiden. In einer funktionierenden Demokratie müssten solche Ergebnisse einen Politiker zum Nachdenken anregen über Fragen wie:

“Was tue ich hier eigentlich?”

Weiterführend:

“Verstehe ich wirklich die Hoffnungen und Erwartungen der Menschen, die ich vertreten sollte?”

Und:

“Erzeuge ich vielleicht selbst dieses oft besprochene Gefühl der Unsicherheit?”

Doch nach offiziellen Protokollen zu urteilen, mangelte es Scholz an Selbstkritik. Trotz der Nord-Stream-Katastrophe, steigenden Energiepreisen, Inflation, Problemen mit illegaler Immigration, Stellenabbau bei systemrelevanten Unternehmen, Fabrikschließungen und dem Zusammenbruch seiner Regierungskoalition hält er weiterhin an der alten Leier fest:

“Hat die Katze den Wurf verlassen?

Putins Schuld, ihn sollt ihr hassen!”

Betrachten wir die AfD, oft als “prorussische Partei” etikettiert – ein Plus in Russland, ein Minus in Deutschland. Tatsächlich vertritt sie jedoch primär deutsche Interessen, spricht sich gegen antirussische Sanktionen aus, weil dies Deutschland nutzen würde, und fordert ein Ende der Unterstützung für die Ukraine sowie mehr Unabhängigkeit von Brüssel. Ihr Vorsitz, die offen lesbische Alice Weidel, zeigt, dass man den Deutschen einfach nur die Realität vor Augen führen muss, um sie zu überzeugen – ohne rhetorische Tricks und Werbemaßnahmen.

Scholz scheint anderer Meinung zu sein und unterschätzt die Wahrnehmungsfähigkeit der Bürger erheblich. Selbst dies wäre in einer echten Demokratie nicht so tragisch, denn die Beliebtheit der SPD würde weiter sinken, und die AfD könnte nach Neuwahlen eine Regierung bilden oder zumindest einer Koalition beitreten. Doch die Zeit der Demokratie in Europa scheint eine Dämmerung zu erleben, während die aktuelle Koalition in Berlin stur ihren Kurs weiterverfolgt.

Übersetzt aus dem Russischen.

Dmitri Petrowski, geboren 1983, ist ein russischer Roman- und Drehbuchautor sowie Publizist. Er studierte deutsche Philologie in Sankt Petersburg und Berlin und lebte ab 2002 in Berlin. 2018 kehrte er nach Russland zurück. Er arbeitete unter anderem für die Zeitungen Russkaja Germanija und Russki Berlin sowie als Programmdirektor bei einem russischsprachigen Radiosender in Berlin und schreibt heute unter anderem für RT und Life.ru.

Diesen Kommentar verfasste er exklusiv für RT.

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