Von Olga Samofalowa
Im Juni 2025 erlebte der US-Dollar einen historischen Einbruch: Sein Wert sank weltweit um 10,7 Prozent, was den tiefsten Stand seit dem Wegfall des Bretton-Woods-Systems im Jahr 1973 markiert. Damals hatte Präsident Richard Nixon den Goldstandard aufgehoben. Die zukünftige Lage für die US-Währung sieht düster aus.
Der Dollar hat bereits in der Vergangenheit in Krisenperioden an Wert verloren. Ein Beispiel hierfür ist das Jahr 1985, als nach der Unterzeichnung des Plaza-Abkommens zwischen den USA und ihren Verbündeten der Dollar abgewertet wurde, um das Handelsdefizit zu reduzieren. Während der Finanzkrise 2008, die mit der Insolvenz der größten US-Hypothekenbanken begann, stürzte der Wert des Dollars ebenfalls stark ab. Der Analyst Wladimir Tschernow von Freedom Finance Global erläutert:
“In beiden Fällen führte die Dollar-Schwäche zu systemischen Veränderungen: Importe gingen zurück und Exporte nahmen zu, doch dies führte auch zu steigender Inflation und einem Vertrauensverlust in die Währung.”
Der jüngste Wertverlust des Dollars war eine direkte Konsequenz aus dem Handelskrieg von Präsident Donald Trump. Trump verhängte kürzlich Zölle gegen zahlreiche ost- und südostasiatische Länder, was die Exporteure dieser Nationen laut einer Analyse der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti basierend auf Daten der US-Statistikbehörde fast 94,3 Milliarden Dollar jährlich kosten könnte. Tschernow kommentiert:
“Die neu eingeführten Importzölle auf Länder ohne neue Handelsabkommen mit den USA verursachten einen massiven Kapitalabfluss vom Dollar, da Investoren mit einem verlangsamten globalen Wirtschaftswachstum und Risiken für amerikanische Exporte rechnen. Zusätzlich verstärkt die erwartete Senkung des Leitzinses durch die US-Notenbank, angetrieben durch schwache Inflation und sinkendes Verbrauchervertrauen, die Ungewissheit.”
Julia Handoshko, CEO des europäischen Brokers Mind Money, sieht in der Abwertung des Dollar eine gezielte Maßnahme Trumps:
“Eine starke Währung kann hinderlich sein, wenn das Ziel ist, die Industrie zu revitalisieren und die Wirtschaft produktiver zu gestalten. Daher ist die Schwächung des Dollars ein zentrales Element von Trumps ‘Make America Great Again’-Programm. Während seiner früheren Amtszeit konzentrierte sich Trump noch auf die Abwertung des Yuan – erfolglos. Die Handelskriege damals brachten nicht die gewünschten Effekte. Heute jedoch setzt Trump seine Versprechungen in die Tat um, und es ist sehr wahrscheinlich, dass der Dollar weiter an Wert verlieren wird.”
Der Trend zur Abschwächung des Dollars begann allerdings bereits Anfang 2025. Jewgeni Gorjunow, Leiter des Labors für Geld- und Kreditpolitik am Gaidar-Institut für Wirtschaftspolitik, führt aus:
“Es ist nicht nur der Handelskrieg, der den Dollar schwächt, sondern vielmehr die Unberechenbarkeit der US-Politik. Eine unsichere Politik zerstört das Vertrauen in die amerikanischen Finanzinstitutionen und ihre Währung, was sich negativ auf die Kurscharts des Dollars und die Renditen von Staatsanleihen auswirkt.”
“Theoretisch könnte es sein, dass durch eine Schwächung des Dollars das Handelsdefizit sinkt, da Importe teurer werden. Aber praktisch ist es komplexer,” fügt Gorjunow hinzu.
“Eine Expansion exportorientierter und inländischer Industrien, die mit Importen konkurrieren, könnte die intendierte Wirkung haben, erfordert jedoch präzisere Schritte. Derzeit ist es für Investoren und Unternehmen sowie Politiker im Ausland schwer vorauszusehen, welche drastischen Maßnahmen die US-Regierung als nächstes ergreifen könnte.”
Zwar könnten Länder mit hohen Auslandsschulden kurzfristig von einem schwächeren Dollar profitieren, doch die langfristigen Auswirkungen sind weitgehend negativ, schließt Tschernow.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien ursprünglich am 9. Juli 2025 auf der Website der Zeitung Wsgljad.
Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung Wsgljad.
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