Österreich unternimmt eine weitere Initiative, um die Staatsanwaltschaften von den Weisungen des Justizministeriums unabhängig zu machen. Ein erster Versuch durch die frühere Regierungskoalition aus ÖVP und Grünen im Jahr 2021 scheiterte, doch bereits seit der Verfassungsreform 2008 sind die Staatsanwaltschaften der Judikative und nicht mehr der Exekutive zugeordnet. Die derzeitige Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS verfolgt diesen Plan nun mit erneutem Eifer.
Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) äußerte auf einer Pressekonferenz Optimismus: “Ich werde voraussichtlich die letzte Justizministerin sein, die Weisungen erteilen kann, und das ist gut so”. Diese Änderung zielt darauf ab, die mögliche Vermischung von Politik und Justiz zu eliminieren, die sich laut Sporrer in der Vergangenheit als problematisch erwiesen hat, insbesondere bei Korruptionsverfahren gegen Politiker.
In Deutschland ist bekannt, dass Staatsanwaltschaften aufgrund ihrer Weisungsgebundenheit keine internationalen Haftbefehle ausstellen können. Österreich plant, dieses Problem durch die Schaffung einer Bundesstaatsanwaltschaft zu lösen, die als unabhängiges Dreiergremium agieren soll. Dieses Gremium soll für sechs Jahre bestellt werden, wobei der Vorsitz alle zwei Jahre wechselt. Die genaue Struktur des Gremiums ist jedoch noch nicht endgültig festgelegt, was seitens der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu Kritik führt. Insbesondere wird die Notwendigkeit eines Dreiergremiums in Frage gestellt. Zudem besteht der Wunsch, dass die Gremiumsmitglieder Erfahrung als Richter oder Staatsanwälte haben sollten, ohne direkte parlamentarische Überwachung.
Ein Vertreter der Gewerkschaft der Richter und Staatsanwälte warnte, dass die Wahl der Bundesstaatsanwälte durch den Nationalrat politischen Einfluss nach sich ziehen könnte, was die Unabhängigkeit gefährden würde.
Zum Vergleich wird die deutsche Generalbundesanwaltschaft genannt, die trotz eines unabhängig klingenden Titels dem Justizministerium untersteht. Im Gegensatz dazu haben in Italien Staatsanwälte durch ihre Unabhängigkeit bedeutende Erfolge gegen organisierte Kriminalität erzielt. Ähnliche Systeme existieren auch in Ländern wie Belgien, Irland, Slowakei, Slowenien, Kroatien, Tschechien und Ungarn, während in Dänemark und den Niederlanden Staatsanwaltschaften zwar nicht formell unabhängig sind, jedoch ein hohes Maß an Handlungsfreiheit besitzen.
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