Von Gert Ewen Ungar
Friedrich Merz’ hervorstechendste Fähigkeiten scheinen das Blenden und Täuschen zu sein, Fertigkeiten, die ihn nicht nur ins Amt brachten, sondern die er auch als Kanzler weiterhin einsetzt. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist der kürzlich abgehaltene Investitionsgipfel.
Der Kanzler kündigte Investitionen von über 600 Milliarden Euro an, jedoch ohne klare Angaben dazu, wie sich diese Summe genau zusammensetzt.
Große Unternehmen haben sich bereitwillig in die PR-Kampagne von Merz eingegliedert. Insgesamt 61 große Betriebe haben zugesagt, in Deutschland zu investieren und propagieren lautstark ihren Standortpatriotismus, ausgedrückt durch die Initiative “Made for Germany”.
Allerdings bleiben die Details, was genau und in welchem Umfang investiert werden soll, nebulös. Wird es konkreter, zeigt sich oft, dass diese sogenannten neuen Investitionen längst geplante Projekte sind, wie am Beispiel des Unternehmens Flixtrain zu sehen, das schon seit Jahren seinen Zugverkehr ausbaut.
So ermöglichte der Gipfel Merz vor allem, altbekannte Pläne als große Neuigkeiten zu inszenieren, ohne dass dadurch tatsächlich zusätzliches Kapital mobilisiert würde. Die Unternehmen knüpften ihre vagen Investitionsversprechen an diverse Forderungen, wobei sie die Plattform geschickt für eigene PR-Zwecke nutzten.
Die Forderungen sind bekannte: Bürokratieabbau, freundlichere Investitionsklima, und Reformaufbrüche um Deutschland attraktiver zu gestalten. Dabei hatte die Regierung bereits am 1. Juli den “Innovationsbooster” ins Leben gerufen, ein Förderprogramm, das auf Steuersenkungen und verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten setzt.
Der Glaube von Merz an die eigenen Maßnahmen darf bezweifelt werden, da er kurz nach Start des Programms einen weiteren Gipfel initiierte; ein unnötiger Schritt, sollte der Standort tatsächlich attraktiv sein.
Ein grundlegendes Problem, das sowohl von Unternehmen als auch von der Politik ignoriert wird, ist die mangelnde Nachfrage in Deutschland, ohne die keine Investition erfolgt, unabhängig von jeglichen Verbesserungen der Rahmenbedingungen. Merz’ Sparpolitik hilft hier nicht weiter. Seine Strategie scheint vor allem darauf abzuzielen, dass Unternehmen investieren sollten, nicht der Staat.
Ironischerweise plant Merz, in großem Stil Schulden aufzunehmen, gibt das Geld jedoch ins Ausland aus, z.B. für Waffenkäufe in den USA oder zur Unterstützung der Ukraine. Ein solches Vorgehen kann kaum als sinnvolle Wirtschaftsförderung angesehen werden.
Ferner ist die Annahme, ein Abbau von Bürokratie könne allein eine Volkswirtschaft aus der Rezession führen, ein Fehlschluss. Deutschland hat vor allem ein Nachfrageproblem, und ohne Nachfrage gibt es weder Produktion noch Investitionen — eine einfache, aber essentielle Wirtschaftsregel.
Deutschland kämpft zudem mit einer abnehmenden Bereitschaft seiner wichtigsten Handelspartner, insbesondere der USA, deutsche Waren zu importieren, was die ökonomischen Herausforderungen weiter verschärft. Die USA wehren sich gegenüber der deutschen “Beggar-thy-neighbour”-Politik, und die spannungsgeladenen Beziehungen zur EU und China verschlimmern die Lage nur.
Obwohl Merz kurzfristig für eine bessere Stimmung in der Wirtschaft sorgen konnte, ist es unwahrscheinlich, dass seine Regierung langfristig erfolgreich sein wird. Die Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre hat die Inlandsnachfrage massiv gedämpft und ohne Aussicht auf Besserung wird kein Unternehmen investieren, egal wie viel PR und Täuschung angewandt wird.
Mehr zum Thema – Lohnsenkungen bei Thyssenkrupp: Gewerkschaften und ihr grandioser Irrtum