Von Sergei Sawtschuk
Nach Informationen der deutschen Zeitung Welt am Sonntag, die auf Quellen innerhalb der europäischen Verwaltung beruhen, hat Katar unter Androhung, seine LNG-Lieferungen nach Europa vollständig zu stoppen, Bedenken gegen eine EU-Gesetzgebung geäußert. Laut dem Bericht sandte der katarische Energieminister Saad al-Kaabi bereits im Mai ein Schreiben an Belgien, in dem er forderte, dass die EU die Implementierung der sogenannten Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) rückgängig machen sollte. Katar, als drittgrößter LNG-Lieferant Europas, verleiht diesem Druck Nachdruck.
Es gilt zu analysieren, wodurch diese drastische Reaktion ausgelöst wurde und welche weitreichenden Folgen sie haben könnte.
Saad al-Kaabi, der als Energieminister agiert, ist auch CEO von QatarEnergy, eines der weltweit führenden Öl- und Gasunternehmen mit einem geschätzten Vermögen von 162 Milliarden US-Dollar und einem Jahresumsatz von 52 Milliarden US-Dollar für das Jahr 2023. Das Unternehmen, das 77 Millionen Tonnen LNG pro Jahr produziert, ist nicht nur in der Exploration und Förderung von Kohlenwasserstoffen aktiv, sondern auch in der Herstellung und dem Verkauf von Nebenprodukten wie Düngemitteln und Metallen sowie in Versicherung und Catering für Bohrteams.
Das besagte Schreiben wurde an die Europäische Kommission gerichtet, die im Sommer 2024 die umstrittene Richtlinie 2024/1760 verabschiedete. Diese Richtlinie, deren Inhalt auf der Website der Kommission als Sammlung vager Formulierungen dargestellt wird, erfordert unter anderem höhere Umweltsteuern und eine diverse Belegschaft von den Lieferanten.
Die Vorschriften der Richtlinie gelten abhängig von der Unternehmensgröße zu unterschiedlichen Zeitpunkten und könnten Katar bis zu 2,2 Milliarden US-Dollar kosten, sollte das Land die Anforderungen nicht erfüllen.
Parallel dazu vollzog die EU ein Handelsabkommen mit den USA, das den Kauf von US-Waffen und Energievorräten in Höhe von mindestens 700 Milliarden US-Dollar einschließt, zusätzlich zum aggressiven Vordringen amerikanischer LNG-Lieferungen auf den europäischen Markt. Da die Vereinigten Staaten auch aus dem Pariser Abkommen ausgetreten sind, erscheinen die Handelsbedingungen ungleich und protektionistisch, was die Situation für Katar noch verschärft.
Dies bringt die Diskrepanz zwischen den Handelsbeziehungen und rechtlichen Anforderungen ans Licht und erinnert an ein Zitat, das sowohl Franco als auch Mussolini zugeschrieben wird: “Für Freunde – alles, für Feinde – das Gesetz”. In diesem Kontext scheint Katar diese Ungleichbehandlung klar erkannt zu haben und könnte, wenn es hart auf hart kommt, sogar gleiche Handelsbedingungen erzwingen und dadurch das ohnehin angeschlagene europäische Rechtssystem weiter herausfordern.
Die gegenwärtige Abkehr von Russland und der Drang nach einer modernen Agenda könnten die Beziehungen der EU zu langjährigen Partnern wie Katar gefährden und den kontinentalen Einfluss Europas schwächen.
“Vae victis” – “Wehe den Besiegten”, sagten die alten Römer. Ein passendes Motto für die aktuelle Lage der EU.
Übersetzt aus dem Russischen. Erstveröffentlichung des Artikels am 29. Juli 2025 durch RIA Nowosti.
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