Während der neuesten Versammlung der Interparlamentarischen Union (IPU) in Genf kam es zu einem bemerkenswerten Zwischenfall. Am Mittwoch, als Walentina Matwijenko, die Vorsitzende des Oberhauses des russischen Parlaments, an das Podium trat, verließen die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und weitere EU-Vertreter den Saal aus Protest. Die Politikerin der CDU begründete ihre Handlung mit klaren Worten:
“Mit seinem brutalen Krieg gegen die Ukraine verstößt Russland eklatant gegen das Völkerrecht. Wir wollen die Geschichtsverfälschung und die Verkehrung von Täter und Opfer, wie es die russische Delegation betreibt, nicht unterstützen.”
Im Vorfeld der Konferenz hatten zahlreiche Aktivisten und politische Führungspersonen die Teilnahme der russischen Delegation stark kritisiert. Diese Kritiken bezogen sich unter anderem auf Sanktionen, die von den USA und der EU gegen Matwijenko wegen der Annexion der Krim verhängt wurden, die schon seit März 2014 gelten und ihr die Einreise verbieten. Die Schweiz hat Matwijenko ebenfalls auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Trotzdem reiste Matwijenko am 27. Juli in die Schweiz, begleitet von den ebenfalls sanktionierten Abgeordneten Leonid Sluzki und Pjotr Tolstoi, um an der Konferenz teilzunehmen. Die schweizerische Regierung erklärte, dass sie als Gastgeberin internationaler Konferenzen gezwungen sei, in solchen Fällen Ausnahmegenehmigungen zu erteilen.
Während der drei Tage in Genf nutzte Matwijenko die Plattform, um die Position Russlands im Ukraine-Konflikt klarzustellen und forderte die Anwesenden auf, sich von Fakten leiten zu lassen statt die „antirussische Rhetorik“ zu verbreiten. Sie sprach von einem Informationskrieg gegen Russland und stellte dar, dass eine Lösung des Konfliktes nur durch die Behebung seiner tieferen Ursachen möglich sei.
“Wir streben weiterhin nach Friedensverhandlungen. Doch wir werden unsere militärische Sonderoperation fortführen, bis die ukrainische Seite die Notwendigkeit für Verhandlungen erkennt.”
Zusätzlich äußerte sich Matwijenko zu dem anhaltenden Blutvergießen im Gazastreifen und forderte eine rasche Beendigung.
Die zahlreichen Proteste gegen die Anwesenheit der russischen Delegation in Genf wies die Senatorin als „armselig“ zurück und kritisierte die Demonstranten für ihr mangelndes diplomatisches Verständnis:
“Diese Menschen haben keine diplomatische Ausbildung und ihnen mangelt es an jeglicher Erziehung.”
Nach Ansicht der Senatorin zeige die große Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft für die russische Delegation bei der IPU-Tagung das starke Interesse an einem Dialog mit Russland. Matwijenko betonte, dass der Großteil der Länder die Position Russlands teile, die sich auf die Einhaltung des Völkerrechts, die zentrale Rolle der UNO und die Nicht-Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten stützt. Eine internationale Isolierung Russlands sei nur von einer kleinen Gruppe von Nationen behauptet.
Leonid Sluzki, der Leiter des Duma-Außenausschusses, erklärte ebenfalls, dass der Versuch des Westens, Russland international zu isolieren, gescheitert sei, und sprach von einer “konstruktiven” Atmosphäre während der Tagung.
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