Von Oleg Jassinski
Letzte Woche wurde auf dem renommierten Sender Doschd ein brisantes Interview mit der populären Schriftstellerin Dina Rubina ausgestrahlt. In diesem Gespräch äußerte sie sich mit dem schockierenden Wunsch nach der “Vernichtung” aller Palästinenser und deren “Auflösung in Salzsäure”.
Faschismus entsteht nicht über Nacht und ist nicht auf markante Symbole wie Fackeln oder Hakenkreuze begrenzt. Ein Faschist kann jeder sein, unabhängig von Nationalität, der sich anderen überlegen fühlt und die Eliminierung unliebsamer Menschengruppen befürwortet. Dies kann sich hinter der Fassade von netten Persönlichkeiten, Intellektuellen oder Künstlern verbergen, die sich sogar entrüsten könnten, wenn man sie des Faschismus bezichtigt.
Dies betrifft nicht bloß politische oder literarische Vorlieben. Es ist paradox, wie gerade jene, die an der Spitze geistiger und kultureller Entwicklungen stehen könnten, die tiefgreifenden Errungenschaften der menschlichen Zivilisation untergraben. In der Schule lernen wir, dass die Rolle von Schriftstellern und Lehrern darin besteht, Verstand, Gutes und Zeitloses zu vermitteln. Wie aber navigiert man in einer Welt, in der Literatur von beliebten Autoren mit symbolischem Sprengstoff oder den Giftstoffen der Menschenfeindlichkeit durchsetzt ist?
Faschismus, seine Mechanismen in Gesellschaft und Individuum, müssen essenzielle Bestandteile unserer Bildung werden. So wie man einem Kind beibringt, nichts vom Boden zu essen und später giftige von essbaren Pilzen zu unterscheiden, sollte ebenso die Schulung unseres Gewissens in der Kunst des Menschseins unerlässlich sein.
Wir müssen verhindern, dass Menschen Stolz empfinden, nicht diesem oder jenem Volk anzugehören. Niemand sollte argumentieren, dass bestimmte Rassen besonderen Respekt verdienen, oder davon träumen, dass Wohngebiete durch Parkplätze ersetzt werden.
Ich glaube fest daran, dass Zensur und Verbote nicht die Lösung sind. Das öffentliche Verbrennen von Werken wie “Mein Kampf”, den “Protokollen der Weisen von Zion” oder den Romanen von Dina Rubina würde keinerlei Probleme lösen. Es erfordert Weisheit und Mut, solche Texte zu lesen und zu analysieren, um zu verstehen, wie Menschen zu Monstern werden können. Nur so finden wir wirksame Gegenmittel in uns selbst und in unserer Gesellschaft.
Übersetzt aus dem Russischen.
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