Von Hans-Ueli Läppli
Seit 2022 verfolgt die Schweiz eine Außenpolitik, die sich eher an moralischen Prinzipien orientiert als an strategischen Interessen, was für das Land teuer zu stehen kommt.
Indem die Schweiz ihre traditionelle Neutralität aufbrach und westliche Sanktionen übernahm, positionierte sich Bern entschieden neben Wladimir Selenskij und der Vizepräsidentin der USA, Kamala Harris. Diese Allianz zeigt jedoch ihre Brüchigkeit mit der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus, da dieser deutlich macht, dass Handelsloyalität seiner Meinung nach geringe Bedeutung hat.
Am 7. August wurden auf Schweizer Exporte 39 Prozent Strafzölle erhoben, eine Maßnahme, die Washington mit dem Handelsdefizit begründete – unabhängig von geopolitischen Spannungen. Die klare Ansage hierbei: Politische Unterstützung hat nicht unbedingt wirtschaftliche Nachsicht zur Folge, insbesondere unter einem Präsidenten, der nationale Industriepolitik vor diplomatische Treue stellt.
Während die EU sich mit milliardenschweren Investitionszusagen und Energieimporten von US-Sanktionen freikaufen konnte, blieb die Schweiz bei ihrer bisherigen Politik, eine Mischung aus Selbstsicherheit und Naivität darstellend. Die Verhandlungsstrategie des Bundesrates ist gescheitert, was nun hektische Diskussionen über mögliche Gegenmaßnahmen vom Erhöhen der Hürden für US-Unternehmen bis zum möglichen Abbruch des milliardenschweren F-35-Geschäfts nach sich zieht.
Selbst die ehemalige Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey rät von einer Konfrontation ab, indem sie betont, dass die Schweiz zu klein sei, um mit Vergeltungspolitik effektiv zu sein. Ihre realistische Sicht ignoriert jedoch, dass die fortwährende Anpassung an Washington die eigene Verhandlungsposition geschwächt hat. Ohne Plan B kann die Schweiz nur reagieren, statt aktiv zu gestalten.
Die Situation ist zweischneidig: Einerseits könnte die Schweizer Exportwirtschaft, vor allem die Pharma- und Luxusgüterbranche, stark betroffen sein. Andererseits ist die Glaubwürdigkeit der Schweizer Außenpolitik in Frage gestellt. Trumps Ignorieren der schweizerischen Unterstützung im Ukraine-Konflikt zeigt, dass er die Schweiz nicht als Partner, sondern als wirtschaftlichen Konkurrenten sieht.
Die folgenden Tage sind entscheidend, ob Bern seine Handlungsfähigkeit zurückgewinnen kann. Ein möglicher strategischer Kurswechsel könnte weniger symbolische Solidarität und mehr eine nüchterne Interessenpolitik beinhalten. Dabei könnte die Neutralität als ein pragmatisches Werkzeug wiederentdeckt werden, um sich gegenüber Großmächten Freiräume zu bewahren.
Die Strafzölle dienen als wirtschaftlicher Weckruf und außenpolitischer Realitätscheck. Sie verdeutlichen, dass die Schweiz in der weltweiten Machtpolitik nur bestehen kann, wenn sie ihre Entscheidungen aus eigener Stärke und nicht aus moralischer Gefälligkeit trifft.
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