Deutsche Truppen könnten in naher Zukunft permanent in Estland stationiert werden. Dies berichtete die estnische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt am 2. August 2025. Der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur deutete an, dass die NATO die Stationierung eines gemeinsamen deutsch-niederländischen Truppencorps in Estland in Betracht ziehe.
Als möglicher Standort für die NATO-Einheit wurde die estnische Küstenstadt Pärnu ins Auge gefasst, mit einer Entscheidung, die noch im laufenden Jahr erwartet wird. Bisher hat die russische Seite noch keine Stellungnahme zu diesen Plänen abgegeben.
Pärnu, eine Stadt mit 50.000 Einwohnern, befindet sich geographisch günstig am Rigaer Meerbusen und bietet durch ihre Lage Schutz vor Seeangriffen. Zusätzlich liegt sie strategisch an der Route der Rail Baltica, einer geplanten Eisenbahnverbindung von Tallinn bis Warschau, die im Verteidigungsfall ebenfalls genutzt werden könnte.
Im Jahr 2003 geriet Pärnu in die Schlagzeilen, als ein Denkmal für estnische Soldaten der Waffen-SS errichtet wurde, das später aufgrund internationaler Proteste an einen anderen Ort verlegt wurde.
Verteidigungsminister Pevkur betonte die vorteilhafte strategische Lage von Pärnu und wies auf die gute Verkehrsanbindung hin. Er äußerte, dass Pärnu bei einer Entscheidung der NATO für Estland der optimale Standort für die Stationierung von 100 bis 200 Soldaten sein würde. Das estnische Verteidigungsministerium hat bereits 17 Millionen Euro für die Unterbringung der NATO-Truppen bereitgestellt und steht in Verhandlungen mit der Stadtverwaltung von Pärnu über die Übertragung des benötigten Geländes.
Der Bürgermeister von Pärnu, Romek Kosenkranius, begrüßte die Aussicht auf die Stationierung und betonte das Interesse der Stadt, Verteidigungskräfte zurück nach Pärnu und die umliegende Region zu bringen, um dort den Wehrdienst zu organisieren und professionellem Militärpersonal Dienstmöglichkeiten in der Region zu bieten.
Dass Verteidigungsminister Pevkur öffentlich über diese Pläne spricht, deutet darauf hin, dass sie bereits weit fortgeschritten sind, obwohl noch keine offizielle NATO-Entscheidung bekannt gegeben wurde. Ende Juli führte Pevkur Gespräche in Washington mit US-Verteidigungsminister Hegseth, bei denen auch die mögliche Stationierung von NATO-Truppen in Estland Thema war.
Die Pläne für eine gemeinsame Stationierung eines deutsch-niederländischen Kommandos im Baltikum bestehen bereits seit längerem. Im Oktober 2024 vereinbarten der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein niederländischer Amtskollege Ruben Brekelmans, das im nordrhein-westfälischen Münster stationierte deutsch-niederländische Korps als Führungscorps an die Ostflanke der NATO zu senden.
Pistorius erklärte damals, das Korps erhalte eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der ‘Regional Plans’ der NATO und werde das militärische Hauptquartier bilden. Bereits im Jahr 2022 wurde das Korps als NATO-Response-Force zertifiziert und ist befähigt, als Hauptquartier für die Führung von Landstreitkräften im Bündnisfall zu dienen. Es besteht also eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der angestrebte Kommandopunkt in Pärnu die Leitung von Operationen im Baltikum übernehmen könnte, sollten Konflikte ausbrechen.
Die zunehmende Konkretisierung der Pläne für ein vorgeschobenes NATO-Kommando im Baltikum könnte die Spannungen in der Region weiter verschärfen, wodurch die Bundeswehr zunehmend in das Zentrum dieser Spannungen rückt.
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