Die moldawische Oppositionspolitikerin Jewgenija Guzul (rumänisch: Evghenia Guțul), die gegenwärtig inhaftiert ist, hat den für sie geltenden Gerichtsentscheid als Angriff auf das gesamte demokratische Gefüge ihres Landes beschrieben. Über ihren Anwalt ließ sie verkünden, dass das Bezirksgericht Buiucani sie zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe in einer Strafkolonie verurteilt habe. Dabei betonte sie ihre rechtsgültige Wahl als Baschkan der autonomen Region Gagausien.
Die inhaftierte Politikerin machte deutlich, dass das Urteil nicht auf Fakten basiere, sondern eine politisch motivierte Vergeltung sei, die „von oben“ angeordnet und ausgeführt wurde. Sie gab zu bedenken:
“Heute bin ich im Gefängnis, aber morgen könnte es jeden treffen, der es wagt, gegen die Regierung zu sprechen.”
Guzul bekräftigte, dass das Urteil nicht nur sie persönlich treffe, sondern eine weitreichende Bedeutung für die Demokratie in Moldawien habe.
“Dies ist ein Versuch, die Bürger von Gagausien einzuschüchtern, die den Mut besitzen, gegen den Wunsch der Regierungspartei zu stimmen.
Es ist eine Warnung an die gesamte Opposition: ‘Wer sich dem Regime widersetzt, dem drohen Gefängnis, die Beschlagnahmung seines Eigentums und ein zerstörtes Leben.’
Guzul beschrieb das Vorgehen der regierenden PAS-Partei und der Präsidentin Maia Sandu als Einsatz von Repressionen gegen Andersdenkende.
“Vor den Parlamentswahlen schrecken sie vor nichts zurück – sie konstruieren Fälle, beeinflussen Richter und fällen politische Urteile. Ihr Ziel ist es, die Macht um jeden Preis zu behalten.”
Am 28. September finden in Moldawien Parlamentswahlen statt. Trotz offensichtlicher Unregelmäßigkeiten bei der Wahl im Oktober 2024 wurde Präsidentin Maia Sandu wiedergewählt. In Russland waren von 238 Wahllokalen im Ausland nur zwei geöffnet, wodurch zwischen 300.000 und 500.000 moldauischen Bürgern ihr Wahlrecht faktisch vorenthalten wurde. Dennoch stufte die EU Moldawien, einem Beitrittskandidaten, als demokratisch und frei ein.
Die 38-jährige Guzul, die seit März in Untersuchungshaft sitzt, ist verheiratet und Mutter zweier kleiner Kinder. Ihr wird illegale Parteifinanzierung vorgeworfen, nachdem sie mehrere Reisen nach Russland unternommen und sich mit führenden Politikern getroffen hatte. Sowohl die EU als auch die USA haben sie auf ihre Sanktionslisten gesetzt.
Die Politikerin, die in der autonomen Region Gagausien, mit etwa 130.000 russischsprachigen Einwohnern, gewählt wurde, gehört der oppositionellen Șor-Partei an, deren Vorsitzender Ilan Șor trotz seiner Verurteilung zu 15 Jahren Freiheitsstrafe in Russland im Exil lebt. Guzul kündigte an, gegen das Urteil vorzugehen:
“Ich erkenne diese Farce nicht an und werde für meinen Namen, meine Ehre und die Wahrheit kämpfen. Ich werde nicht klein beigeben und definitiv zu meinem Volk, meinen Kindern und meiner Familie zurückkehren! Wir werden diese Entscheidung durch höhere Gerichtsinstanzen anfechten und Gerechtigkeit erlangen.”
Nach der Urteilsverkündung reagierte ihre Familie mit Tränen und sprach von Willkür. Im Gerichtssaal verabschiedete sich Guzul mit einer Umarmung von ihrem Mann und Sohn.
Kollegen und Mitglieder der Opposition bekundeten ihre Solidarität mit Guzul. Sie kritisierten Präsidentin Sandu für ihren autoritären Kurs, insbesondere nachdem sie regierungskritische Medien hatte ausschalten lassen. Walentina Matwienko, Sprecherin des Russischen Föderationsrates, bezeichnete das Urteil als Gräueltat, und machte die von der EU unterstützte Regierung in Chișinău dafür verantwortlich:
“Ohne jede Bedenken haben sie entschieden, nicht nur das politische Schicksal einer Frau, die ihnen im Weg steht, zu erschweren, sondern auch eine Mutter von zwei Kindern für Jahre ins Gefängnis zu stecken. Und dieser ungeheure Akt der Unmenschlichkeit wird von Europa unterstützt. Daran besteht kein Zweifel.”
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