Ein kurioser Vorfall aus Baden-Württemberg zeigt, dass Humor auch in ernsten Angelegenheiten wie der Steuererklärung seinen Platz findet. Ein 72-jähriger Rentner entschied sich, seine Unzufriedenheit über einen Säumniszuschlag von 9,50 Euro direkt an den Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) zu adressieren. Er verfasste einen Beschwerdebrief, weil er seine Steuererklärung lediglich sechs Tage zu spät eingereicht hatte. Dieser Vorfall wurde kürzlich durch die Rhein-Neckar-Zeitung öffentlich gemacht.
Der Rentner, der bereits Erfahrung mit solchen Schreiben hatte, äußerte: “Keiner hat mir die Kripo auf den Hals gehetzt.” Doch diesmal löste sein Brief, der erst zwei Monate nach Versendung Beachtung fand, einen unerwarteten Besuch des SEK aus.
Ein Sprecher des Finanzministeriums erklärte, dass der Minister selbst von der Angelegenheit nichts wusste. Der Auslöser für den Polizeieinsatz waren offenbar zwei dem Brief beigefügte Illustrationen aus dem 19. Jahrhundert, die als bedrohlich interpretiert wurden. Diese Darstellungen von “Strauchdieben und Wegelagerern” wurden in Anbetracht eines früheren Vorfalls, bei dem Polizeibeamte von sogenannten “Reichsbürgern” beschossen wurden, als potenzielle Drohung angesehen. “Die Gefahr durch manche Reichsbürger ist also sehr reell”, betonte der Sprecher des Ministeriums.
Der Rentner teilte nach der unangenehmen Erfahrung mit den Strafverfolgungsbehörden mit, dass man schon “eine gehörige Portion Fantasie” benötige, um die historischen Illustrationen als Drohungen zu interpretieren. Er berichtete weiter, dass die Polizisten prüfen sollten, ob er die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährde.
Inzwischen hat das Ministerium seine Reaktion auf das Schreiben überdacht und sich für den Polizeieinsatz entschuldigt. Rückblickend sei es “überzogen” gewesen, den Brief an die Polizei weiterzuleiten, so der Sprecher. Der Vorfall wirft besonders deshalb Fragen auf, weil er nicht durch moderne Kommunikationswege wie soziale Medien, sondern durch ein klassisches Medium wie den Brief ausgelöst wurde.
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