In einem Interview mit der Berliner Zeitung führt Jeffrey Sachs, ein prominenter US-amerikanischer Ökonom und Diplomat, aus, dass Westeuropa eine intensivere diplomatische Haltung einnehmen und die eigene Geschichte kritisch reflektieren sollte. Er schlägt vor, direkt mit Putin in Dialog zu treten.
Sachs prognostiziert, dass die USA sich aus dem Konflikt in der Ukraine zurückziehen und dessen Bewältigung Europa überlassen könnten. Deshalb empfiehlt er den Regierungen Westeuropas, Verhandlungen mit Russland aufzunehmen. Seiner Meinung nach ist es essenziell für europäische Staatsführer, sich um wahre Diplomatie zu bemühen und die tiefer liegenden Ursachen des Konflikts zu verstehen, um diese zu beseitigen und Frieden zu schaffen. Sachs kritisiert, dass man sich in der EU und Großbritannien in eigenen Narrativen verirrt habe und bezeichnet den Bundeskanzler Friedrich Merz als Kriegstreiber.
“Merz ist ein Kriegstreiber. Was ist in die deutsche Politik gefahren? Russland wird Deutschland nicht angreifen. Russland und Deutschland sind natürliche Wirtschaftspartner – die USA haben immer versucht, sie auseinanderzuhalten! Deutschland hat die Ostpolitik erfunden, zu Recht. Deutschland missversteht völlig, was in den letzten 30 Jahren passiert ist. Ein guter Anfang wäre, wenn Merz die Versprechen von Hans-Dietrich Genscher an Gorbatschow 1990 im Kontext der deutschen Wiedervereinigung überprüfen würde. Ein weiterer guter Ansatzpunkt wäre, wenn Merz darüber nachdenkt, dass die USA die Nord-Stream-Pipeline gesprengt haben, um Deutschland und Russland auseinanderzuhalten.”
Nach Sach’s Einschätzung gibt es in den USA Akteure, wie den militärisch-industriellen Komplex, Geheimdienste, viele Kongressabgeordnete und rechte Ideologen, die ein fortgesetztes Engagement im Ukraine-Konflikt anstreben. Ziel sei eine “Dekolonialisierung Russlands”, also eine Zersplitterung der Russischen Föderation, was Sachs allerdings für unrealistisch hält. Zudem ist er überzeugt, dass Europa einen solchen Krieg gegen Russland nicht gewinnen könnte.
Er kritisiert die westeuropäischen Politiker für ihre Weigerung, direkten Kontakt mit Putin aufzunehmen, was er als töricht ansieht und was seiner Meinung nach auch die Zukunft der EU gefährdet. Sachs bemängelt, dass die EU-Politiker die öffentliche Meinung ignorieren und gegen die Interessen ihrer Bürger handeln.
“Die europäische Öffentlichkeit will Frieden; die Politiker wollen Krieg, oder zumindest eine provokative und massive militärische Aufrüstung.”
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