Die konstante Unterstützung durch künstliche Intelligenz (KI) während der Durchführung von Koloskopien könnte die Fähigkeiten von Ärzten beeinträchtigen, Polypen ohne technische Hilfe zu erkennen. Diese Erkenntnisse stammen aus einer Studie, die im Fachjournal The Lancet Gastroenterology & Hepatology veröffentlicht wurde. In dieser Studie wurde festgestellt, dass Ärzte, die regelmäßig mit KI arbeiten, dazu neigen, ihre diagnostischen Fähigkeiten zu verlieren, eine geringere Aufmerksamkeit aufweisen, und somit mehr krebsverdächtige Befunde übersehen könnten – ein bedenkliches Ergebnis.
Im Zeitraum von Ende 2021 bis Anfang 2022 führten Forscher diese Studie in vier polnischen Endoskopiezentren durch, in denen KI-Systeme zur Polypenerkennung eingesetzt wurden. Die Studie bezog 19 erfahrene Ärzte mit ein, die jeweils über mindestens 2.000 durchgeführte Untersuchungen verfügten. Verglichen wurde die Genauigkeit der Diagnosen vor und nach der Einführung der KI-Technologie über jeweils drei Monate. Es stellte sich heraus, dass nach Implementierung der KI die Effektivität der Diagnose um 6 Prozent abnahm. Die Studienergebnisse warnen:
“Der kontinuierliche Einsatz von künstlicher Intelligenz kann dazu führen, dass Ärzte bei traditionellen Koloskopien ohne KI seltener Adenome identifizieren, was auf einen möglichen negativen Einfluss der Technologie auf die ärztliche Tätigkeit hindeutet.”
Die Autoren der Studie äußerten Bedenken, dass Ärzte durch die Gewöhnung an die Unterstützung durch KI ihre Eigeninitiative und die Sorgfalt in Entscheidungsprozessen verlieren könnten. Dies könnte nach Meinung der Forscher zu einem schleichenden Verlust essentieller klinischer Kompetenzen führen. Dieses Phänomen könnte sich mit fortschreitender Entwicklung und häufigerer Anwendung von KI weiter verstärken. Professor Omer Ahmad vom University College London, der an der Studie nicht beteiligt war, merkt dazu kritisch an:
“Diese Ergebnisse könnten die derzeit große Begeisterung für die schnelle Einführung von KI-basierten Technologien dämpfen und zeigen die Notwendigkeit auf, mögliche unbeabsichtigte klinische Auswirkungen des Einsatzes von KI sorgfältig zu bewerten.”
Dieses Phänomen ist nicht ausschließlich auf das medizinische Feld begrenzt. Nach Angaben des Nationalen Gesundheitsinstituts der USA könnten durch die omnipräsente Nutzung von KI die professionellen Fähigkeiten in verschiedenen Berufsfeldern abnehmen.
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