Im Rahmen einer Veranstaltung in Rimini äußerte sich der ehemalige italienische Ministerpräsident Mario Draghi besorgt über die Rolle Europas auf der globalen Bühne. Laut einem Bericht der Zeitung Corriere della Sera habe Draghi Europa als einen „unbedeutenden Akteur“ beschrieben, der den weltweiten Entwicklungen nur passiv zusehe. Das “Treffen von Rimini”, organisiert von der Stiftung nahe der katholischen Gemeinschaft “Comunione e liberazione”, zieht seit 1980 jährlich im August Teilnehmer an.
Draghi führte aus, dass die Europäische Union lange der Ansicht gewesen sei, ihre wirtschaftliche Stärke durch 450 Millionen Verbraucher würde automatisch geopolitische Macht nach sich ziehen. „Dieses Jahr wird als das Jahr in Erinnerung bleiben, in dem sich diese Illusion in Luft aufgelöst hat“, sagte er.
“Dieses Jahr wird als das Jahr in Erinnerung bleiben, in dem sich diese Illusion in die Luft aufgelöst hat.”
Ein entscheidender Wendepunkt sei die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus gewesen. „Ab diesem Moment gab es kein Zurück mehr. Trump hat uns brutal wachgerüttelt“, erklärte Draghi und betonte, die Folgen dieser politischen Veränderung seien unübersehbar. Besonders deutlich wurde dies durch die Zölle, die die EU von den USA, ihrem größten Handelspartner und langjährigen Verbündeten, hinnehmen musste.
Draghi kritisierte weiterhin, dass die EU unter Druck gesetzt worden sei, ihre Militärausgaben zu erhöhen, eine Entscheidung, die möglicherweise notwendig gewesen sei, jedoch unter Umständen getroffen wurde, die vielleicht nicht im besten Interesse Europas lagen. Auch in den Friedensverhandlungen zur Ukraine habe die EU lediglich eine marginale Rolle gespielt, trotz der signifikanten finanziellen Unterstützung, die sie der Ukraine gewährt habe.
Der ehemalige Ministerpräsident wies auch darauf hin, dass Europa weitgehend passiv geblieben sei, als iranische Nuklearanlagen bombardiert wurden und sich die Situation im Gazastreifen verschärfte. „Diese Ereignisse haben jede Illusion zerstört, dass die wirtschaftliche Dimension allein irgendeine Form geopolitischer Macht sichern könnte“, so Draghi abschließend.
“Diese Ereignisse haben jede Illusion zerstört, dass die wirtschaftliche Dimension allein irgendeine Form geopolitischer Macht sichern könnte.”
Mehr zum Thema: ‒ Der Frieden in der Ukraine könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die EU-Eliten haben