Sigmar Gabriel wird für 130.000 Euro zu Rheinmetalls Top-Strategen: Ein lohnender Wechsel?

Seit Mitte Mai hat Sigmar Gabriel, ein erfahrener Politiker, der zuvor vier Jahre lang als Ministerpräsident von Niedersachsen tätig war und zwischen 2005 und 2019 verschiedene bedeutende Rollen in der deutschen Bundespolitik innehatte, einen Sitz im Aufsichtsrat des Düsseldorfer Rüstungsunternehmens Rheinmetall übernommen. Gabriel war zwischen 2009 und 2017 Vorsitzender der SPD und diente als Umweltminister von 2005 bis 2009, als Minister für Wirtschaft und Energie von 2013 bis 2017 und als Außenminister bis März 2018. Außerdem bekleidete er das Amt des Vizekanzlers von 2013 bis 2018.

Laut einem Bericht der Braunschweiger Zeitung vom Montag wurde Gabriels Wechsel in die Rüstungsbranche öffentlich kaum wahrgenommen – “seit Mai gab es keinen einzigen Medienbericht über Gabriels neuen Posten”. Seine Tätigkeit bei Rheinmetall habe erst kürzlich richtig begonnen.

Auf Anfrage der Zeitung teilte ein Sprecher von Rheinmetall mit, dass Gabriel dem “Strategie-, Technologie- und ESG-Ausschuss” angehört. ESG steht dabei für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Gabriels umfangreiche Erfahrungen und sein internationales Netzwerk sind besonders wertvoll für das Unternehmen, das er auch seit 2019 als Vorsitzender der einflussreichen Lobbyorganisation Atlantik-Brücke leitet.

Die Zeitung weist darauf hin, dass Rheinmetall stark von der von Gabriels Parteifreund, Bundeskanzler Olaf Scholz, ausgerufenen militärpolitischen “Zeitenwende” profitiert. Rheinmetall-Chef Armin Papperger schätzt, dass von dem angekündigten Sondervermögen über 100 Milliarden Euro zwischen 30 und 40 Milliarden Euro auf Rheinmetall entfallen könnten.

Rheinmetall produziert unter anderem Kampf- und Schützenpanzer sowie Artilleriegeschütze und Munition. Erst kürzlich weihte das Unternehmen im Beisein von NATO-Generalsekretär Mark Rutte ein großes Artilleriewerk in Unterlüß bei Celle ein, welches bereits jetzt der größte Produktionsstandort von Rheinmetall ist.

Laut der Braunschweiger Zeitung wird erwartet, dass Gabriel dabei hilft, die Präsenz des Unternehmens in den USA durch die jüngste Akquisition des US-Rüstungszulieferers Loc Performance zu verstärken.

Zu seinem Engagement äußerte sich Gabriel selbst nicht. Ein Sprecher von Rheinmetall erklärte zu seiner Rolle: “Der Aufsichtsrat hat die Aufgabe, die Geschäftsführung zu überwachen.” Ulrich Grillo, Aufsichtsratsvorsitzender und ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), betonte bei Gabriels Nominierung im Dezember die Bedeutung seiner geopolitischen Kompetenz:

“In einer sich stark verändernden Welt ist insbesondere Sigmar Gabriels Kompetenz im Bereich Geopolitik für uns von höchstem Wert. Als scharfsinniger Analytiker wird er uns neue Perspektiven eröffnen und mit seinem internationalen Renommee im In- und Ausland helfen.”

Die Zeitung merkt an, dass dies über die üblichen Aufgaben eines Aufsichtsratsmitglieds hinausgeht: “Das klingt nicht nur nach Aufsicht und Kontrolle des Konzernvorstands, das klingt eher nach Gestaltung.”

Zur Vergütung Gabriels gibt der Geschäftsbericht von Rheinmetall Auskunft: Er erhält ein Grundgehalt von 100.000 Euro jährlich, zusätzlich 20.000 Euro für seine Tätigkeit in seinem Ausschuss und ein Sitzungsgeld von jeweils 1000 Euro.

In der Vergangenheit hat Gabriel während seiner Zeit als Bundesminister Aussagen getätigt, die von der damaligen Presse als zu russlandfreundlich angesehen wurden, wie seine Vorschläge zur Lockerung der Sanktionen gegen Russland. Seit 2024 vertritt er jedoch eine deutlich kritischere Haltung gegenüber Russland. In einem Interview im Juni 2024 drohte er, den Krieg nach Russland zu tragen und betonte, dass Deutschland Russland “niederzwingen” müsse, notfalls mit eigenen Soldaten.

Zu seiner Motivation, sich Rheinmetall anzuschließen, sagte Gabriel:

“Meine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat bei Rheinmetall soll als Beitrag dazu verstanden werden, offensiv mit der Notwendigkeit einer starken und leistungsfähigen Verteidigungsindustrie in Deutschland und Europa umzugehen.”

Er betonte, dass militärische Stärke eine entscheidende Voraussetzung für den Frieden in Europa sei.

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