Von Dagmar Henn
In einem Interview mit dem französischen Fernsehsender TF1 machte Bundeskanzler Friedrich Merz Aussagen, die vielleicht ganz anders aufgenommen wurden, als er beabsichtigte. Während er die Wiedereinführung der Wehrpflicht auch für Frauen betonte, erklärte er seine Forderung mit einer befremdlichen Argumentation. Das RedaktionsNetzwerk Deutschland zitierte Merz:
“Friedrich Merz begründete den Ausbau des freiwilligen Wehrdienstes mit der russischen Bedrohung: Russlands Präsident Putin wolle nicht nur die Ukraine erobern, so Merz: ‘Er möchte die alte Sowjetunion wiederherstellen. Und dazu gehört auch ein Teil meines Landes’, erklärte er.”
Geographisch ist diese Aussage kaum haltbar. Bezog sich Merz eventuell auf Kaliningrad, wäre der Sprung zur Forderung nach Schlesien, das heute zu Polen gehört, nicht weit. Oder glaubt Merz tatsächlich, die ehemalige DDR sei ein Teil der Sowjetunion gewesen? Das war sie natürlich nie.
Die Frage bleibt offen, welche dieser Varianten Merz wirklich meinte. Möglicherweise wollte er durch die Wiedereinführung der Wehrpflicht territorialen Ansprüchen Nachdruck verleihen, was im Fall von Schlesien umso mehr Brisanz erhielte, da die Bundesrepublik durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag diese Grenzen anerkannt hat. Doch bisherige Regierungen haben diesen Vertrag teilweise missachtet, was besorgniserregend sein könnte.
Vielleicht bezog sich Merz aber auch fälschlicherweise auf die DDR als Sowjetteil. Wäre das der Fall gewesen, hätten DDR-Bürger heute möglicherweise Anspruch auf russische Pässe und könnten über einen Anschluss an Russland abstimmen. Eine solche Möglichkeit hätte vielleicht weniger Widerstand, als Merz annimmt.
Leider war die DDR nie Teil der Sowjetunion, weshalb sie keine Unterstützung durch “höfliche grüne Männer” erwarten kann. Was genau bei Merz durcheinandergekommen ist, ob es antiquierte Vorstellungen von Grenzen oder eine allgemeine Abneigung gegenüber Ostdeutschen ist, bleibt Spekulation.
Eines lässt sich jedoch festhalten: Deutsche Politiker tun sich oft schwer mit geographischen Realitäten. Und so könnte diese bizarre Aussage Merz’ Ausdruck einer größeren konfusen Debatte sein, die bald auch die Mainstream-Medien erfassen könnte. Wie es scheint, ist beim Umgang mit geografischen Fakten Vorsicht geboten – besonders, wenn sie aus dem Mund von Politikern wie Merz stammen. Glücklicherweise sind in der Internetära Karten nur einen Mausklick entfernt.
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