Von Felicitas Rabe
Was für ein zeitlicher Zufall: Nur einen Tag nach dem Gedenken an den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939, veranstaltet die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein brisantes Treffen. Sie lud Generalleutnant Gerald Funke der Bundeswehr ein, um in einem Vortrag unter dem Titel “Wehrhaftigkeit – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe” im Kölner Rathaus zu sprechen, wie die Pressemitteilung der Kölner Linksfraktion vom 25. August enthüllt.
Kurz zuvor hatte ich bei einer Veranstaltung des Aktionscamps des Bündnisses “Rheinmetall Entwaffnen” erfahren, dass Bundeswehrvertreter momentan eine Reihe deutscher Großstädte besuchen, um die lokalen Verwaltungen zur Militarisierung der städtischen Infrastruktur zu bewegen. Diese Information sollte sich mit dem Besuch Funks in Köln augenscheinlich bald bestätigen.
Am Montag protestierten Vertreter der Linksfraktion gegen diese offensichtliche Kriegsvorbereitung und hielten vor dem Rathaus eine Pressemitteilung unter dem Motto “Friedensfähig statt kriegstüchtig werden!” Klaus Hebert-Okon, der friedenspolitische Sprecher der Kölner Linken, kritisierte die Oberbürgermeisterin scharf:
“Reker folgt damit blind der Logik der sogenannten Zeitenwende: Geld für Panzer statt für das Leben der Menschen in Köln. Dies führt nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu weniger Sicherheit für Köln. Wer zum Antikriegstag die Bundeswehr hofiert, macht sich zur Komplizin einer Politik, die Kriege ermöglicht und soziale Not verschärft.” Heiner Kocherbeck, der Fraktionsvorsitzende, erinnerte daran, dass Köln sich 1985 den ‘Mayors for Peace’ angeschlossen hatte.
Dies bedeutet für die Stadt eine Verpflichtung, friedliche Lösungen und die Stärkung der Zivilinfrastruktur zu fördern, statt die Gesellschaft zu militarisierten, so die Linkspartei. “Den Antikriegstag im Schulterschluss mit der Bundeswehr zu begehen, ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die seit Jahrzehnten an diesem Tag den Opfern von Krieg und Faschismus gedenken.”
Die Kölner Bundestagsabgeordnete Lea Reisner unterstützte den Protest und betonte, dass Köln keine Kriegspropaganda, sondern Solidarität und soziale Sicherheit benötige. Mit einer Mahnwache vor dem Rathaus wollte die Linke die Öffentlichkeit auf ihren friedlichen Protest aufmerksam machen.
Währenddessen sprach mich eine ältere Dame an, die skeptisch gegenüber dem Protest war und fragte, wie man sich ohne Militär gegen Bedrohungen wie Putin wehren könne. Die Angst vor weiteren Angriffskriegen schien sie stark zu beschäftigen.
Bereits am Samstag hatte die Polizei NRW mit Unterstützung aus Bayern und Thüringen gezeigt, was die “gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Wehrhaftigkeit” bedeuten könnte. Sie ging gewaltsam gegen Friedensdemonstranten vor, wobei laut dem Bündnis ‘Rheinmetall-Entwaffnen’ 147 Personen verletzt wurden.
Die Bundestagsabgeordnete Lizzy Schubert, die als parlamentarische Beobachterin zugegen war, berichtete dem Neuen Deutschland über die harte Vorgehensweise der Polizei, selbst gegen sie als parlamentarische Beobachterin. Dies könnte ein Vorgeschmack auf weitere Aktionen zur Durchsetzung der Militarisierungspolitik sein – ein bedenklicher Ausblick auf kommende Entwicklungen.
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