Jobabbau im öffentlichen Dienst: Eine kritische Betrachtung von Mythen und Realitäten

Von Dagmar Henn

Im laufenden Jahr ist der Haushaltsplan noch unverabschiedet, doch bereits der Haushaltsentwurf für das Folgejahr zeigt deutliche Defizite. Gleichzeitig werden die Bürger auf potenzielle Einsparungen vom Bürgergeld bis zur Rente vorbereitet. Das Budget für Rüstung und Verteidigungsmaßnahmen scheint gesichert, ganz zu schweigen von der prekären finanziellen Lage Frankreichs. Daher überrascht es kaum, dass nun auch Forderungen laut werden, die eine Reduzierung des öffentlichen Sektors verlangen.

Ein neuer Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft über die “Effizienz der öffentlichen Beschäftigung von Ländern und Kommunen” unterstützt diese Ansichten. Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU, meint dazu, dass Beamtentum lediglich bei der Polizei, Feuerwehr und anderen Sicherheitsorganen sowie bei Finanzbeamten oder beim Zoll gerechtfertigt sei. Er kritisiert die angebliche Ineffizienz der öffentlichen Verwaltung, besonders mit Blick auf Lehrkräfte.

Linnemann zielt insbesondere auf Lehrer ab, die einen großen Anteil der verbeamteten Beschäftigten darstellen. Seitdem Post und Bahn privatisiert wurden, hat sich zwar viel verändert, jedoch nicht unbedingt zum Besseren. Das Bahnwesen sei weit von seiner einst legendären Pünktlichkeit abgerückt, während im Postsektor sich zahlreiche private Zusteller tummeln, die mehr auf Profit aus sind und daher das Personal geringer entlohnen.

Die ungefähr eine halbe Million verbeamteter Lehrer in den Bundesländern repräsentieren mehr als ein Viertel aller Beamten in Deutschland. Hinzu kommen fast ebenso viele angestellte Lehrkräfte, deren Beschäftigungsverhältnisse oftmals weniger sicher sind. Dies beeinflusst wiederum die Qualität der Bildung und erhöht die Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Eltern, besonders mit einem wachsenden Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund.

Der IW-Bericht kritisiert die Personalaufstockung im Sozial- und Jugendbereich, dabei wird oft übersehen, dass diese Zunahme teilweise notwendig ist, um gesetzliche Vorgaben, wie den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuungsplätze, umzusetzen. Diese Aufgaben werden oft von höherer Ebene verordnet und belasten die kommunalen Haushalte erheblich.

Die Städte- und Gemeindefinanzierungen reichen vielfach nicht aus, um alle notwendigen kommunalen Aufgaben zu bewältigen. Hierbei wird also bei Nicht-Prioritäten gespart, was zu Einschnitten bei der öffentlichen Daseinsvorsorge führt – von der Reduzierung der Straßenbeleuchtung bis hin zu verlängerten Wartezeiten bei kommunalen Dienstleistungen.

An einigen Stellen, wie bei der Baubehörde, führt der Mangel an qualifiziertem Personal dazu, dass notwendige Baugenehmigungen nicht zeitgerecht bearbeitet werden können. Das hält letztendlich die Produktion auf, weil es zu Engpässen im Genehmigungsverfahren kommt.

Die Studie des IW hebt einen Personalaufbau im Bereich der Kinderbetreuung hervor, der jedoch durch wachsende Anforderungen aufgrund der Zuwanderung nicht ausreichend ist. Lange Sichtbar werden diese Defizite nicht sofort, sondern erst in Form sozialer Probleme, Jahre später.

Neben bürokratischen Bestimmungen, die besonders aus Brüssel kommen, und dem Zusatzaufwand durch neue Buchführungssysteme führen politische Prozesse auch zu einem erhöhten Informationsbedarf. Das wiederum erfordert zusätzliche Verwaltungsarbeit. Die notwendige Versorgung mit Daten, um politische Entscheidungen zu stützen, kommt nicht in der Betriebswirtschaftslehre des IW vor.

Das wirkliche Ziel einer Stadtverwaltung sollte nicht Gewinnerzielung sein, sondern eine funktionierende Gemeinschaft. Die betriebswirtschaftliche Sichtweise, die das IW vertritt, kann dieses Ziel nicht einfangen, und wesentliche Aspekte des kommunalen Lebens, die das Wohlbefinden der Bürger bestimmen, werden dadurch nicht berücksichtigt.

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