Von Olga Samofalowa
Der neu entwickelte SJ-100, ein Flugzeug, das mit Hilfe von Serientechnologien zur Importsubstitution entwickelt wurde, hat erfolgreich seinen Erstflug absolviert. “Der Zertifizierungsprozess ist noch nicht abgeschlossen, jedoch wurde das Flugzeug bereits in der Zielkonfiguration für die Serienproduktion gefertigt,” meldet der russische Staatskonzern Rostec.
Der Erstflug des SJ-100 startete auf dem Flugplatz von Komsomolsk am Amur und dauerte eine Stunde. Das Flugzeug ist komplett mit russischen Systemen und Komponenten ausgestattet, einschließlich der PD-8-Triebwerke, die von der “Objedinjonnaja Dwigatelestroitelnaja Korporazija” [Vereinigte Triebwerksbaugesellschaft] geliefert werden.
Bisher befinden sich 24 weitere SJ-100 Flugzeuge in verschiedenen Produktionsphasen in Russland. Dieses neue Modell dient als Ersatz für das Vorgängermodell, das seit über zwei Jahrzehnten im Einsatz ist.
Der SSJ-100, der Vorgänger des SJ-100, war das erste in Russland gefertigte Flugzeug nach dem Zerfall der Sowjetunion. In den 1990er Jahren erlebte die russische Luftfahrtindustrie einen schweren Rückgang. Fachkräfte verließen die Branche, und die sowjetische Technologie geriet ins Hintertreffen. In den frühen 2000ern entschloss sich Russland, seinen Ruf als Luftfahrtnation wiederherzustellen. Nach einem Wettbewerb im Jahr 2002 erhielt Suchoi Zivilflugzeuge den Auftrag für den Bau eines Regionalflugzeugs, und das Land begann, sich wieder aktiv mit Flugzeugbau zu befassen.
Roman Gussarow, Leiter des Branchenportals “Avia.Ru”, kommentierte:
“Die Entwicklung des ‘Superjet’-Flugzeugs war sehr lehrreich. Während in der Sowjetzeit Flugzeuge auf Papier konstruiert wurden, nutzen wir heute digitale Technologien. Wir haben moderne Ausrüstungen angeschafft, Ingenieure im digitalen Design geschult und Experten eingebunden, die diese Technologien beherrschen. Wir haben die Produktionsprozesse modernisiert. Viele Komponenten haben wir nicht selbst gefertigt, weshalb wir beschlossen, ein international konkurrenzfähiges Produkt zu entwickeln, ähnlich wie Airbus oder Boeing.”
2005 unterzeichnete Russland seinen ersten Vertrag mit Aeroflot, und das Flugzeug wurde 2011 ausgeliefert, ein Rekord im internationalen Vergleich. Jedoch ergaben sich im Laufe der Zeit Probleme mit den westlichen Zulieferern, wie Gussarow erläutert:
“Die von westlichen Anbietern gelieferten Komponenten erwiesen sich nicht als so zuverlässig und hochwertig, wie wir gehofft hatten. Auf unsere Anfragen, die Produktqualität zu verbessern, zeigten die Zulieferer kein Interesse. Sie verlangten Preise, die doppelt so hoch waren wie die, die sie Boeing und Airbus berechneten.”
Russland entschloss sich daraufhin, vor den Sanktionen 2018 ein neues “Superjet”-Modell mit eigenen Ressourcen, einschließlich des Triebwerks, zu entwickeln. Ein signifikanter Schritt hierbei war die Entwicklung eines vollständig eigenen Triebwerks, das PD-8.
2022 flogen umfangreiche Sanktionen gegen die russische Luftfahrtindustrie ein. Es wurde klar, dass die gesamte Produktion ohne Komponentenimporte auskommen muss. Dies erforderte erhebliche Veränderungen im Design, insbesondere beim Triebwerk. Der aktualisierte SJ-100, der jetzt fliegt, repräsentiert dieses überarbeitete Modell.
Der erste Prototyp des neuen SJ-100 mit einheimischen Triebwerken hob bereits im April ab und bewies die Leistungsfähigkeit des Designs. Roman Gussarow beschreibt die Bedeutung dieses Ereignisses: “Der erfolgreiche Flug eines Serienflugzeugs zeigt, dass wir nicht nur ein neues Flugzeug entwickelt haben, sondern dabei auch in der Lage waren, digitale Technologien für die Serienproduktion anzuwenden.”
Dies deutet darauf hin, dass die Serienproduktion vollständig im Gange ist, und man rechnet damit, dass die ersten SJ-100s ab 2026 ausgeliefert werden.
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