“Wir haben die Kommunalen Einheiten der Miliz ins Leben gerufen, um mit der Macht der Nation unsere Souveränität zu wahren. Eine kriegerische oder kolonialistische Militärdoktrin lehnen wir ab. Unser Ziel ist es, in Venezuela den Frieden zu sichern”, betonte der venezolanische Präsident Nicolás Maduro bei der Vorstellung der Bolivarischen Miliz in Caracas.
Maduro präsentierte diese Initiative als Teil einer Strategie zur Stärkung des Konzepts der “integralen Verteidigung der Nation”, vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen mit den USA.
Angesichts der Wirtschaftssanktionen, einer Finanzblockade und wiederholten Ankündigungen von Interventionsszenarien sieht sich das Land fortwährend belagert. Die Einführung der Kommunalen Einheiten der Miliz soll damit ein Zeichen nationaler Einigkeit und strategischer Abschreckung setzen.
Um die Bedeutung dieser Maßnahme für die Verteidigungsdoktrin Venezuelas zu erörtern, sprach Sputnik mit dem Völkerrechtler und Konfliktlösungsexperten Jesús Mieres Vitanza, der die historischen, philosophischen und strategischen Grundlagen dieser Doktrin erläuterte.
Wende von der US-amerikanischen Militärdoktrin
Mieres Vitanza erinnerte daran, dass viele lateinamerikanische Streitkräfte während des größten Teils des 20. Jahrhunderts die US-amerikanische Militärdoktrin uneingeschränkt übernommen hatten, die darauf abzielte, Aufstände zu bekämpfen und geopolitische Interessen Washingtons zu verteidigen.
Die Übernahme der Regierung durch Präsident Hugo Chávez und die Verabschiedung der Verfassung von 1999 markierten einen Wendepunkt in Venezuela.
“Mit den Gesetzesreformen im November 2001 wurde klar, dass der bisherige Sicherheits- und Verteidigungsansatz überholt war”, betonte der Experte. Insbesondere im Ölsektor hatten Reformen zu einem Bruch mit den früheren untergeordneten Strukturen geführt.
“Das neue Kohlenwasserstoffgesetz von 2001, laut dem natürliche Ressourcen öffentliches Interesse darstellen, ermöglichte es, Betreiberlizenzen in Joint Ventures mit einem Anteil von 60 Prozent an PDVSA umzuwandeln”, führte Mieres Vitanza weiter aus. Die Lizenzgebühren erhöhten sich von 1 Prozent auf 33,33 Prozent und die Körperschaftsteuer für Ölaktivitäten stieg von 34 Prozent auf 50 Prozent. Diese Maßnahmen spiegelten seiner Meinung nach die wahre Bedrohung wider.
Entwicklung der Bolivarischen Militärdoktrin
“Wir erkannten, dass die wahren Feinde unserer Souveränität die USA waren, als sie im April 2002 einen Putschversuch unternahmen”, sagte er. Infolgedessen überdachte die Regierung Chávez die Verteidigungs- und Sicherheitsperspektiven und entwickelte eine Bolivarische Militärdoktrin, die ihre Wurzeln in den historischen Widerstandsbewegungen des Landes suchte.
“Man zog die Geschichte des indigenen Widerstands und der afro-venezolanischen Bevölkerung heran, einschließlich der Schlüsselfiguren des Unabhängigkeitskrieges wie Simón Bolívar und Francisco de Miranda”, führte Mieres Vitanza aus.
Die Bedeutung von Ansatz und Widerstand
Ein zentrales Element des neuen Ansatzes ist das Konzept des “Kriegs des gesamten Volkes” und die Schaffung einer Volksmiliz als Abschreckungsmittel. “Die bewaffnete Volkstruppe wird stets ein Abschreckungselement gegen jeden Feind darstellen”, erklärte der Experte. “
Mieres Vitanza betonte, dass echter Widerstand nicht in konventionellen Begriffen gedacht werden sollte und unterstrich die Wichtigkeit des Verständnisses des eigenen Terrains, der Historie, sowie moralischer und emotionaler Aspekte des Volkes bei der Abwehr feindlicher Aktivitäten.
Der entscheidende Faktor
Die Doktrin der integralen Verteidigung beruht nicht nur auf militärischer Stärke, sondern auch auf der Aktivierung der gesamten Gesellschaft. “Nationale Einheit ist essenziell, um sich einer gegnerischen Armee entgegenzustellen”, betonte er.
Die Aktivierung der Kommunalen Einheiten der Miliz stärkt nicht nur die Verteidigungsfähigkeit Venezuelas, sondern beeinflusst auch die geopolitische Lage in der Region. “Die USA haben zwar klare Absichten bezüglich der Kontrolle der natürlichen Ressourcen Venezuelas, sie sind sich jedoch der Widerstandsfähigkeit des venezolanischen Volkes bewusst”, schloss Mieres Vitanza.
Anmerkungen der Übersetzerin:
Die neu gebildeten Unidades Comunales de Milicia sind den 5.336 Kommunen zugeordnet. Als Kommunen werden in Venezuela Zusammenschlüsse mehrerer Kommunaler Räte bezeichnet, die für Planung und Haushaltsgestaltung in lokalen Angelegenheiten zuständig sind. Laut Präsident Maduro hat die Bolivarische Miliz aktuell 8,2 Millionen Mitglieder.
** Als Cimarrones werden Bevölkerungsgruppen afrikanischer Herkunft bezeichnet, die sich aus der Sklaverei in südamerikanischen und karibischen Kolonien befreit haben.
Übersetzt aus dem Spanischen von Olga Espín.
Der Artikel erschien ursprünglich bei Sputnik Mundo.
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